Antirassismus
Staatsministerin Reem Alabali-Radovan beruft den Expert*innenrat Antirassismus. Er soll Vorschläge für eine wirksame, nachhaltige Antirassismus-Politik erarbeiten.

Staatsministerin Reem Alabali-Radovan mit den Mitgliedern des Expert*innenrats Antirassismus (nicht im Bild: Prof. Dr. Yasemin Karakaşoğlu)
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Rassismus zeigt sich in rassistischen Straftaten und Gewalt, aber auch in Handlungsroutinen oder Prozessen in Institutionen sowie gesellschaftliche Strukturen. Das bestätigen der von der Antirassismusbeauftragten der Bundesregierung Anfang 2023 vorgelegte Lagebericht „Rassismus in Deutschland“ und die hohen Zahlen politisch motivierter Kriminalität.
Im Kampf gegen Rassismus auf das nächste Level kommen
Die Bundesregierung arbeitet daran, dass Deutschland im Kampf gegen Rassismus besser wird, auf das nächste Level kommt. Betroffene dürfen mit ihren Erfahrungen nicht länger alleine bleiben, müssen besser unterstützt und gestärkt werden. Die Strategien und Maßnahmen gegen Rassismus müssen sich an den Lebensrealitäten der Menschen ausrichten, evaluiert und wenn nötig nachjustiert werden. Und die öffentliche Verwaltung muss Vorreiter und Vorbild im Kampf gegen rassistische Diskriminierung sein. Das geht die Bundesregierung konsequent an.
Am 19. Juni 2023 hat Staatsministerin Reem Alabali-Radovan, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und Beauftragte für Antirassismus, den Expert*innenrat Antirassismus berufen. Die zwölf Expert*innen aus Wissenschaft, Verwaltung und Praxis sollen Vorschläge für eine wirksame, nachhaltige Antirassismus-Politik in Deutschland insbesondere zur Bekämpfung von strukturellem und institutionellem Rassismus erarbeiten.

Staatsministerin Reem Alabali-Radovan im Austausch mit den Expert*innen
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Drei Arbeitsschwerpunkte des Expert*innenrats
Im Schwerpunkt soll der Rat drei Aufgaben bearbeiten:
- Er soll eine Rassismus-Definition für Verwaltungshandeln entwickeln. Damit alle in der Verwaltung – sei es im Bezirksamt, im Bundesministerium oder bei der Polizei – wissen, welche Handlungsroutinen, Abläufe und Strukturen geändert werden müssen, um rassistischer Diskriminierung vorzubeugen.
- Er soll Indikatoren entwickeln, die messen, wie wirksam Strategien, Aktionspläne und Maßnahmen gegen Rassismus sind, um an den richtigen Stellen nachzujustieren.
- Er soll Empfehlungen geben, wo die Bundesregierung ihren Kampf gegen Rassismus verstärken muss.
Das Gremium wird regelmäßig zusammenkommen und seine Ergebnisse zu gegebener Zeit der Öffentlichkeit präsentiert.
Einbindung der Zivilgesellschaft
In der Anfangsphase wird es ein umfassendes Hearing mit Vertreter*innen von Migrant*innenorganisationen und Betroffeneninitiativen geben. Denn auch ihre Expertise, Erfahrung und Erwartungen sollen handlungsleitend für die Arbeit des Expert*innenrats sein.
Expert*innenrat Teil des Maßnahmenkatalogs zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus
Das Bundeskabinett hat im Dezember 2020 den Maßnahmenkatalog des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus beschlossen. Eine der 89 Maßnahmen sieht die Einrichtung eines Expert*innenrats vor. Nachdem Staatsministerin Reem Alabali-Radovan vom Kabinett zur Antirassismusbeauftragten der Bundesregierung ernannt worden ist, hat sie entschieden, diese Maßnahme mit dem Expert*innenrat Antirassismus umzusetzen.

Staatsministerin Reem Alabali-Radovan und der Expert*innenrat
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Die Mitglieder des Expert*innenrats

Eva Maria Andrades
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Eva Maria Andrades ist Volljuristin und Geschäftsführerin des Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd). Sie hat über 10 Jahre in der Antidiskriminierungsberatung Betroffene von Rassismus bei der Durchsetzung ihrer Rechte und in Gerichtsverfahren unterstützt. 2020 war sie außerdem Teil des Begleitausschusses der Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen (BKMO) zum Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus und hat an der „Anti-Rassismus Agenda 2025“ mitgewirkt. In ihrer Arbeit hat sie einen Fokus auf der Stärkung rassismusbetroffener Communities, der Verbesserung des rechtlichen Diskriminierungsschutzes und den Ausbau flächendeckender Beratungsstrukturen für Betroffene.

Saraya Gomis
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Saraya Gomis engagiert sich ehrenamtlich in der diskriminierungs-, antisemitismus- und rassismuskritischen Bildungsarbeit. Von 2021 bis 2023 war sie Staatssekretärin für Vielfalt und Antidiskriminierung bei der Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung des Landes Berlin. Zuvor war sie Referentin für Opferschutz und Opferhilfe bei der Landeskommission Berlin gegen Gewalt der Senatsverwaltung für Inneres und Sport, ab 2016 bis 2019 die erste Antidiskriminierungsbeauftragte für Schulen in Berlin und von 2014 bis 2016 zivilgesellschaftliche Expertin bei der Umsetzung des Landesaktionsplans gegen Rassismus für den Bereich Bildung. Sie hat einen Fokus auf institutioneller Diskriminierung und Transformationsprozesse.

Prof. Dr. Mechtild Gomolla
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Prof. Dr. Mechtild Gomolla ist seit Oktober 2022 Professorin für Interkulturelle Pädagogik und Bildungsgerechtigkeit an der PH Karlsruhe. Zuvor war sie von 2009 bis 2022 Professorin für Erziehungswissenschaft, insbesondere interkulturelle und vergleichende Bildungsforschung an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. Ihre Arbeitsschwerpunkte umfassen unter anderem die Analyse von institutioneller Diskriminierung und Rassismus in Schulen sowie die Voraussetzungen und Prozesse einer rassismus- und diskriminierungskritischen Schulentwicklung. Prof. Dr. Mechthild Gomollas Forschungsarbeiten zu institutionellem Rassismus gehören zu den ersten Arbeiten zu diesem Themenschwerpunkt in deutschsprachigem Raum.

Hadija Haruna-Oelker
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Hadija Haruna-Oelker ist Autorin, Redakteurin und Moderatorin. Sie arbeitet hauptsächlich für den Hessischen Rundfunk und die Frankfurter Rundschau. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich seit Jahren mit Rassismus und Fragen von Partizipation und Teilhabe in der Migrationsgesellschaft. Sie ist Preisträgerin des vom BMBF gestifteten KAUSA Medienpreises 2012 und des ARD Hörfunkpreises Kurt Magnus 2015. Gemeinsam mit Kübra Gümüşay und Uda Strätling übersetzte sie das Gedicht »The Hill We Climb« von Amanda Gormann. 2022 erschien ihr Buch „Die Schönheit der Differenz – miteinander anders denken“. Darüber hinaus ist sie im Journalist*innenverband Neue Deutsche Medienmacher*innen und in der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) aktiv.

Prof. Dr. Isabelle Ihring
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Prof. Dr. Isabelle Ihring ist Professorin für Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugend an der Evangelischen Hochschule Freiburg. Sie war zwölf Jahre in der Praxis Sozialer Arbeit tätig, besonders im Bereich der Hilfen zur Erziehung. Zu ihren Forschungsthemen gehören differenzsensibler Kinderschutz, die Analyse von (globalen) Ungleichheitsverhältnissen mit besonderem Blick auf kolonialen Kontinuitäten im Kontext afrikanischer Länder, Rassismus aus postkolonialer und intersektionaler Perspektive und die Auseinandersetzung mit dekolonialen Praktiken und deren Bedeutung für die Soziale Arbeit. Sie engagiert sich außerdem in unterschiedlichen Praxisprojekten zu Themen rund um Rassismus und Kolonialismus.

Prof. Dr. Yasemin Karakaşoğlu
Foto: Matej Meza
Prof. Dr. Yasemin Karakaşoğlu ist Professorin für Bildung in der Migrationsgesellschaft an der Universität Bremen. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören unter anderem die Themen Bildungsungleichheit in der Migrationsgesellschaft sowie antimuslimischer Rassismus im Kontext von (Hoch)Schulen und der Lehrer*innenbildung. Von 2019 bis 2021 war sie Vorsitzende des Rats für Migration e.V. Zuvor war sie von 2008 bis 2016 Mitglied des Sachverständigenrats Deutscher Stiftungen für Migration und Integration und von 2006 bis 2009 Mitglied des Bundesjugendkuratoriums. Sie erhielt den Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien und das Bundesverdienstkreuz für ihren besonderen Einsatz für das Zusammenleben in Deutschland.

Dr. Ralf Kleindiek
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Dr. Ralf Kleindiek ist Jurist, ehemaliger Ministerialbeamter und heute als Berater tätig. Er war von 2021 bis 2023 als Staatssekretär der Chief Digital Officer des Landes Berlin, von 2014 bis 2018 Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und von 2011 bis 2014 Staatsrat in der Hamburger Behörde für Justiz und Gleichstellung. Er verantwortete Themen der Gleichstellungs- und Antidiskriminierungspolitik. Als Partner eines Beratungsunternehmens hat er Strategien für Diversität und gegen Rassismus in Verwaltung und Wirtschaft entwickelt. Er ist Mitglied im Stiftungsrat der Amadeu-Antonio-Stiftung, der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung und im Vorstand der Vereinigung für Recht & Gesellschaft.

Prof. Dr. Lorenz Narku Laing
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Prof. Dr. Lorenz Narku Laing ist Professor für Rassismusforschung an der EvH Bochum und Geschäftsführer der Diversityberatung Vielfaltsprojekte GmbH. Er berät unter anderem DAX-Konzerne, Theater, Kirchen und führende NGOs zu Diskriminierung. Er ist Beiratsmitglied des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa), der Zeitschrift „Diversity in Wirtschaft und Recht“ sowie des Bochumer Zentrum für Disability Studies (BODYS). Prof. Laing engagiert sich mit seinem preisgekrönten Projekt „Sport gestaltet Vielfalt“ gegen Diskriminierung im Sport. Zudem wurde ihm für seine Lehre zu Rassismustheorien von der Zeppelin Universität Friedrichshafen der Best Teaching Award verliehen.

Mekonnen Mesghena
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Mekonnen Mesghena ist Antirassismusexperte und Leiter des Referats Migration & Diversity bei der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin. Er hat Journalistik und Geschichte studiert und schreibt für deutsche und internationale Medien. Seine Ausbildung zu Diversity Politics und Diversity Management machte er in USA. Er befasst sich aus einer inter- und transnational vergleichenden Perspektive mit Rassismus und Diskriminierung. Außerdem unterstützt er Institutionen bei der Einführung von Diversity, Inklusion und Antirassismus. Als Mitglied europäischer und transatlantischer Netzwerke steuerte und leitete er Projekte zu Strategien von Allianzen gegen Rassismus und Antisemitismus, „Cities of Migration“ sowie „Citizenship“.

Prof. Dr. Mehrdad Payandeh
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Prof. Dr. Mehrdad Payandeh ist Jurist und Inhaber des Lehrstuhls für Internationales Recht, Europarecht und öffentliches Recht an der Bucerius Law School in Hamburg. Er hat in Düsseldorf und Yale studiert und promoviert und sich anschließend in Düsseldorf habilitiert. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt das Völkerrecht, Verfassungsrecht sowie Antidiskriminierungsrecht mit Fokus auf rassistischer Diskriminierung. Seit 2020 ist er Mitglied im Ausschuss der Vereinten Nationen zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung (CERD). Er ist Mitherausgeber des 2022 erschienenen Handbuchs Antidiskriminierungsrecht. Seit 2023 ist er zudem Mitglied im Wissensnetzwerk Rassismusforschung (WinRa).

Dr. Cihan Sinanoğlu
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Dr. Cihan Sinanoğlu ist Sozialwissenschaftler. Seit Oktober 2020 leitet er am DeZIM-Institut die Geschäftsstelle des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa). Zuletzt war er Geschäftsführer des Begleitausschuss der Bundeskonferenz der Migrant*innenorganisationen, der 2020 die „Anti-Rassismus Agenda 2025“ mit Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus veröffentlichte. Er hat am Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften in Göttingen promoviert. Für einen Forschungsaufenthalt war er an der City University of New York und hat an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen gelehrt.

Prof. Dr. Andreas Zick
Foto: Integrationsbeauftragte / Coddou
Prof. Dr. Andreas Zick ist Direktor des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) sowie Professor für Sozialisation und Konfliktforschung der Universität Bielefeld. Seit 2004 arbeitet er an der Langzeitstudie Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, die seit 2014 im Rahmen der Mitte-Studien weitergeführt wird. Im Forschungsinstitut „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ ist er Projektleiter im Forschungsverbund „Institutionen und Rassismus (InRa). Er erhielt den Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Stifterverbandes für die deutschen Wissenschaft. Er war Mitglied in der Fachkommission Integrationsfähigkeit der Bundesregierung und Experte im „Dialog über Deutschland“ im Bundeskanzleramt.