Von Erfahrungen lernen – Migranten in der Flüchtlingsarbeit

  • Startseite
  • Staatsministerin

  • Ich möchte mehr wissen über

  • Integrationsarbeit in den Bereichen

  • Medien

  • So erreichen Sie uns

Projektvorstellung "samo.fa" Von Erfahrungen lernen – Migranten in der Flüchtlingsarbeit

An bundesweit mehreren Standorten unterstützen Menschen mit Einwanderungsgeschichte über das Projekt "Stärkung der Aktiven aus Migrantenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit" (samo.fa) Geflüchtete bei ihrer Integration.

Sharif und Lesia

Sharif und Lesia

Foto: Integrationsbeauftragte | Kristin Wenzel

Hannover. Sharif und Lesia sind zum bundesweiten Aktionstag des Projekts samo.fa gekommen. Lesia gibt als Ehrenamtliche beim Afrikanischen Dachverband Norddeutschland e.V. in Hannover Deutschkurse, Sharif ist einer ihrer Schüler. Gleichzeitig begleitet sie ihn zu Behörden oder schreibt mit ihm Bewerbungen. Seit vier Jahren lebt Lesia nun in Deutschland, studiert Politikwissenschaften und hilft Geflüchteten bei der Orientierung in dem neuen fremden Land.

„Ich bin selbst die Schritte gegangen, die Geflüchtete jetzt gehen müssen. Es ist gerade am Anfang verdammt schwer“, sagt Lesia. Die 25-Jährige kommt gebürtig aus der Ukraine. Heute sitzt sie im Kulturzentrum Faust in Hannover in der ersten Reihe – direkt neben Sharif, mit dem sie durch die enge Begleitung mittlerweile eine gute Freundschaft verbindet. Sharif kam 2015 über das Mittelmeer nach Deutschland. Zwei Tage war er in einem Schlauchboot unterwegs, bis er seinen langen Weg nach Deutschland fortsetzte.

Erfahrung des Ankommens und Fremdseins

Aufgrund ihrer eigenen Migrationserfahrung, ihrer Mehrsprachigkeit, ihres interkulturellen Wissens, aber besonders durch ihre Erfahrung des Ankommens und Fremdseins, kann Lesia Geflüchtete ganz anders begleiten als jemand, der diese Erfahrung nicht gemacht hat. „Lesia ist ein Vorbild für mich“, sagt Sharif.

„Ich kann mit ihr reden, und merke, dass sie genau versteht, was ich meine. Manchmal bin ich ganz enttäuscht, dass ich nicht schneller Deutsch lerne. Dann berichtet Lesia von ihrer Erfahrung und ich denke, ich schaffe das auch. Und wenn ich so gut Deutsch spreche wie Lesia, werde ich mich auch für Geflüchtete einsetzen und weitergeben, was ich erfahren durfte.“

Gruppe von Menschen, die sich bei samo.fa engagieren

Engagiert bei der Sache: samo.fa

Foto: Integrationsbeauftragte | Bernadette Burow

Gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen

Ehrenamtliche wie Lesia sind unverzichtbare Partner, um Geflüchteten das Ankommen zu erleichtern. „Seit 2016 stärken und gewinnen wir mit samo.fa Menschen mit Migrationsgeschichte als Aktive für die Unterstützung von Geflüchteten“, betont Dr. Ümit Koşan, Bundesvorstand von NeMO und inhaltlicher Projektleiter von samo.fa. „Unser Ziel ist es, als Bundesverband mit samo.fa Geflüchteten eine gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen des lokalen und kommunalen Lebens zu ermöglichen.“ Der Bundesverband vertritt Verbünde von Migrantenorganisationen auf kommunaler Ebene, die unabhängig der Herkunft und Kultur ihrer Mitglieder arbeiten.

Ein Gefühl für die Lebensrealität Geflüchteter

Regelmäßige Treffen mit anderen Ehrenamtlichen der Stadt, Qualifizierungen im Bereich interkulturelle Kompetenz, Sozialrecht oder auch Öffentlichkeitsarbeit werden genauso durch samo.fa angeboten wie Beratungen vor Ort. „Gerade die Schulungen sind für uns Ehrenamtler wichtig, um kultursensibel und mit viel Hintergrundwissen Geflüchtete zu begleiten. So kann ich Missverständnisse vermeiden und bekomme ein Gefühl für die Lebensrealität Geflüchteter“, sagt Lesia. Die Vernetzung der Ehrenamtlichen spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle. „Das Gute an samo.fa ist, dass ich nicht allein bin, sondern in einen größeren Kontext eingebunden bin“, erzählt Lesia. „Der intensive Austausch mit den anderen, heißt für mich, dass man sich gegenseitig unterstützt und berät.“

Der Weg in Arbeit

Seit 2015 lebt Sharif in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Er floh vor dem Bürgerkrieg im Sudan. In Dafour hat er als Verkäufer und Brückenbauer gearbeitet. Einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu finden, ist ein großes Thema gerade für Geflüchtete. Samo.fa organisiert daher einen jährlichen Aktionstag.

Sharif hält seinen Ausbildungsvertrag in den Händen

Endlich: Der Ausbildungsvertrag!

Foto: Integrationsbeauftragte | Kristin Wenzel

In diesem Jahr liegt der Fokus bewusst auf dem Themenfeld Arbeit. „Wir wollen an diesem Tag einer breiten Öffentlichkeit zeigen, welchen wichtigen Beitrag Menschen mit Migrationsgeschichte spielen“, sagt Wolfgang Hellwig. Er ist einer der Verantwortlichen für samo.fa beim MiSO-Netzwerk Hannover e.V. – der lokale Träger vor Ort - in Hannover und hat zum Aktionstag einen großen Erfolg zu verkünden: Mit der Bäcker-Innung Hannover hat er eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen, so dass 14 Flüchtlinge pro Jahr einen Ausbildungsvertrag erhalten können – und das bis zum Jahr 2020.

Auch mit der Friseurinnung, mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband oder mit den Altenpflegeverbänden wurden solche Rahmenvereinbarungen geschlossen. „Jetzt haben wir auf einmal so viele Ausbildungsplätze und müssen dafür sorgen, dass die Flüchtlinge so gut Deutsch können, dass sie am Ende ihre Prüfung bestehen“, betont er vor großem Publikum.

Dann ist der Moment gekommen, auf den Lesia und Sharif an diesem Tag schon so lange warten: Sharif erhält auf der Bühne durch samo.fa den ersten Ausbildungsvertrag innerhalb des bundesweiten Projekts. Stolz nimmt er seinen Vertrag entgegen. Sharif strahlt und erzählt von seinen Plänen für die Zukunft: „Wenn ich genug Geld verdient habe, nehme ich mir eine eigene Wohnung. Jetzt teile ich mir noch ein Zimmer mit einem Mitbewohner. Das ist manchmal ganz schön schwierig, da wir beide einen ganz anderen Rhythmus haben.“

Sharfis Schichten beginnen schon während des Praktikums 0.30 Uhr. Dann heißt es, Teig anrühren, kneten und morgens die Backstube gegen 8.00 Uhr mit dem Geruch frischer Brötchen zu verlassen. „Ich freue mich so sehr auf meinen ersten Tag als Azubi.“, sagt Sharif. „Und die ersten Brötchen, die ich selbst gebacken habe, die esse ich zusammen mit Lesia.“

samo.fa wurde im April 2016 durch den Bundesverband Netzwerke von Migratenorganisationen e.V. (NeMO) ins Leben gerufen. Finanziert wird das Projekt durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration.
Mittlerweile sind in 30 Städten und Kreisen in ganz Deutschland lokale Partner koordinierend für samo.fa in der Flüchtlingsarbeit tätig. Der lokal-kommunale Handlungsansatz ist grundlegend für samo.fa. Unter den bundesweiten Partnern finden sich neben lokalen Verbünden vor allem migrantische Träger von Kultur- und Bildungsaktivitäten, die sich durch breite Kooperationsbeziehungen auszeichnen.