Gemeinsam für mehr Vielfalt in der Bundesverwaltung
Die Diversitätsstrategie der Bundesregierung ist ein wichtiger Schritt zu einer modernen, vielfaltsorientierten Bundesverwaltung.
Foto: Unsplash
„In der Bundesverwaltung und in den Unternehmen mit Bundesbeteiligung führen wir eine ganzheitliche Diversity-Strategie mit konkreten Fördermaßnahmen, Zielvorgaben und Maßnahmen für einen Kulturwandel ein. Die Migrantenselbstorganisationen, die auf dem Boden unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen, sind dabei wichtige Partnerinnen und Partner“ [1] so lautet der Auftrag aus dem Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode.
Die Bundesregierung setzt mit der vorliegenden Strategie diesen Auftrag hinsichtlich der Bundesverwaltung um. Sie legt dabei ein umfassendes Vielfaltsverständnis zugrunde und nimmt alle gesellschaftlichen Gruppen in den Blick, da sie die Vielfalt der Beschäftigten als wichtig für eine funktionale moderne Verwaltung begreift.
Normative Grundlage dafür sind Artikel 3 Grundgesetz (GG) mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die einschlägigen [2] einfachgesetzlichen Regelungen sowie europarechtliche Vorgaben. Maßgeblich für den Zugang zum Öffentlichen Dienst des Bundes sind die in Artikel 33 Absatz 2 GG genannten Kriterien der Bestenauslese.
Um das Bekenntnis zu Vielfalt zum Ausdruck zu bringen, haben alle Ressorts die
Charta der Vielfalt unterzeichnet, die die Anerkennung, Wertschätzung und Einbeziehung von Vielfalt in der Arbeitswelt fordert.
Der Bund hat zudem als Ergebnis des letzten Nationalen Aktionsplans Integration (kurz: NAP-I) im Themenforum „Interkulturelle Öffnung der Bundesverwaltung“ eine „Erklärung für mehr Vielfalt“ abgegeben mit dem Ziel, Vielfalt im öffentlichen Dienst zu fördern. Danach sollen Chancengerechtigkeit, Fairness und Vielfalt den öffentlichen Dienst auszeichnen. [4] Um diesen Zielen dienende Fördermaßnahmen entwickeln und etablieren zu können, ist ein Bewusstsein für bestehende Diskriminierungsrisiken wichtig, die sich auch in öffentlichen Institutionen und Behörden finden. Daher sind Maßnahmen im Bereich Diskriminierungsprävention und -intervention wichtige Bestandteile dieser Strategie.
Unter Vielfalt werden in Anlehnung an die Charta der Vielfalt insbesondere folgende Kernmerkmale verstanden: Alter, Behinderung, ethnische Herkunft und Nationalität, Geschlecht, Religion und Weltanschauung, sexuelle Orientierung, soziale Herkunft, auch wenn bislang nicht alle diese Vielfaltsmerkmale statistisch erfasst werden.
Die Bundesregierung schätzt die Potentiale, die Vielfalt für Arbeitsabläufe und -ergebnisse innerhalb einer Organisation mit sich bringt.
Die Bundesregierung hat sich - auch aufgrund der Herausforderungen des demografischen Wandels - entschieden, das Thema Vielfalt neben dem aus dem Auftrag ersichtlichen migrationspolitischen Fokus ganzheitlich zu adressieren und Strukturen zu schaffen und Maßnahmen umzusetzen, die möglichst vielen Kernmerkmalen der Vielfalt zugutekommen und zugleich dem Interesse an einem bestqualifizierten öffentlichen Dienst Rechnung tragen. Wegen der Unterrepräsentation Ostdeutscher in Führungspositionen der Bundesverwaltung wird mit Blick auf Artikel 36 GG auch die innerdeutsche regionale Herkunft im Rahmen der Strategie berücksichtigt. [5]
Die in dieser Strategie enthaltenen Maßnahmen sollen dazu beitragen:
Dies beinhaltet auch den Abbau von Hindernissen und Hürden für unterrepräsentierte bzw. benachteiligte Gruppen sowie die Einrichtung eines barrierefreien Arbeitsumfeldes. Die Bundesregierung möchte mit dieser Strategie dazu beitragen, dass die Bundesverwaltung ihrer Vorbildfunktion für die Gesellschaft gerecht wird.
Daten zum Personal des öffentlichen Dienstes werden jährlich zum Stichtag 30. Juni im Rahmen der Personalstandstatistik auf Grundlage des Gesetzes über die Statistiken der öffentlichen Finanzen und des Personals im öffentlichen Dienst (Finanz- und Personalstatistikgesetz – FPStatG) erhoben. Erfasst werden darin in Bezug auf die hier genannten Vielfaltsmerkmale das Alter, das Geschlecht und für Beschäftigte der unmittelbaren Bundesverwaltung seit 2022 auch die ostdeutsche Herkunft (Geburtsort nach Bundesländern).
Daten zum Migrationshintergrund für die Bundesverwaltung enthält die 2019 erstmals durchgeführte Studie „Diversität und Chancengleichheit Survey“, der eine anonymisierte, übergreifende Beschäftigtenumfrage mit freiwilligen Angaben zugrunde liegt. In der Neuauflage 2024, deren Ergebnisse in 2025 veröffentlicht werden, werden nun auch Daten zur Einwanderungsgeschichte und zur ostdeutschen Herkunft abgefragt.
In Deutschland hat etwas mehr als jede vierte Person eine Einwanderungsgeschichte. [6] Rund 19 % der Bevölkerung sind selbst eingewandert und 6 % sind Nachkommen von Einwandererinnen und Einwanderern. [7] 2023 hatten rund 42 % der Personen mit Einwanderungsgeschichte die deutsche Staatsangehörigkeit.
In Deutschland leben mehr als 13 Millionen Menschen, die eine sichtbare oder eine unsichtbare Beeinträchtigung haben. Von diesen hatten laut Statistischem Bundesamt Ende 2021 7,8 Millionen eine anerkannte Schwerbehinderung, das heißt einen Grad der Behinderung von mindestens 50. Die Anforderungen und Bedarfe an Teilhabe ermöglichenden Maßnahmen sind sehr verschieden. Unverzichtbar ist dabei die Herstellung von Barrierefreiheit.
Institutionen, Unternehmen sowie die Bundesverwaltung profitieren von einer vielfältigen Beschäftigtenstruktur und zwar nicht nur im Innenverhältnis. Die Vielfalt in der Bundesverwaltung führt zu mehr Akzeptanz des behördlichen Handelns innerhalb einer vielfältigen Gesellschaft und zur Wahrnehmung des Bundes als attraktiven Arbeitgeber. Aus diesen Gründen gab es bereits in der Vergangenheit intensive Bemühungen zur Förderung von unterschiedlichen Gruppen der oben erwähnten Kerndimensionen. So wurden z.B. Menschen mit Einwanderungsgeschichte bzw. mit Migrationshintergrund im Rahmen des NAP-I adressiert. Auch die gesetzlich geregelte Einrichtung und der Betrieb eines barrierefreien Arbeitsumfeldes und die Berücksichtigung von Bedarfen der Beschäftigten mit Einschränkungen, das im Behindertengleichstellungsgesetz enthaltene Benachteiligungsverbot sowie das im Bundesgleichstellungsgesetz enthaltene Fördergebot für Frauen und Benachteiligungsverbot aufgrund des Geschlechts [8] gehören zu den bereits bestehenden Errungenschaften, die eine vielfaltsbewusste Verwaltungskultur fördern.
Der Auftrag aus dem Koalitionsvertrag sieht vor, diesen Kulturwandel mit konkreten Maßnahmen zu unterstützen. Ausgehend davon wurde die Diversitätsstrategie gemeinsam mit folgenden Akteuren erarbeitet:
Vertreterinnen und Vertretern aus den Personalbereichen der obersten Bundesbehörden der Bundesregierung,
Beauftragter der Bundesregierung für Jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus,
Beauftragter der Bundesregierung gegen Antiziganismus und für das Leben der Sinti und Roma in Deutschland,
Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung,
Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland,
Beauftragte der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (Queer-Beauftragter),
Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen,
Spitzenorganisationen der Gewerkschaften, dbb und DGB.
Die Arbeiten wurden durch das Bundesministeriums des Innern und für Heimat und die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration - zugleich Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus - koordiniert. Vertreterinnen und Vertreter aus der Zivilgesellschaft wurden angehört. Ihre Beiträge sind in die Strategie eingeflossen.
Als Grundlage für die Erarbeitung von Maßnahmen wurden zunächst Maßnahmenbereiche nach Zuständigkeiten im verwaltungsorganisatorischen Sinne definiert. Diese Maßnahmenbereiche haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Erreichung der im Teil A genannten Ziele der Diversitätsstrategie. Die Strategie knüpft an die Vorarbeiten aus dem Themenforum „Interkulturelle Öffnung“ des NAP-I an: Vorhandene Ideen wurden vor dem Hintergrund der hier genannten Vielfaltsmerkmale und des Auftrages aus dem Koalitionsvertrag beleuchtet und zu konkreten Maßnahmen weiter ausgearbeitet. Diese sollen für die gesamte Bundesverwaltung mit teils verpflichtendem, teils empfehlendem Charakter Geltung erlangen. Für Unternehmen mit Bundesbeteiligung entfaltet diese Strategie keine unmittelbare Wirkung. Die Ressorts werden aber unter Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten auf sie im Sinne dieser Strategie Einfluss nehmen.
Um die Verwaltungskultur zu verbessern, spielen Maßnahmen im Bereich der Organisations- und Personalentwicklung sowie beruflicher Fort- und Weiterbildung eine entscheidende Rolle. Um den Anteil von Beschäftigten mit Einwanderungsgeschichte und anderen diskriminierungsvulnerablen Vielfaltsmerkmalen zu erhöhen, sind Maßnahmen im Bereich der Personalgewinnung gleichermaßen von Bedeutung. Im Ergebnis zielen die Maßnahmen auf alle Vielfaltsmerkmale.
Dies gilt auch für das Querschnittsthema „Antidiskriminierung“, welches immer mitzudenken ist. Insoweit wird im Folgenden darauf verzichtet, bei den benannten Maßnahmen den Begriff „diskriminierungssensibel“ zu erwähnen. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass „vielfaltsbewusste“ Maßnahmen stets auch „diskriminierungssensibel“ aufgesetzt sein müssen.
Die erarbeiteten Maßnahmen werden in den nachfolgenden Kapiteln unter Darstellung der jeweiligen Ausgangslagen und Ziele formuliert. Es wurde zudem ein Anhang zu der Strategie erarbeitet, der im Rahmen des geplanten Netzwerkes (siehe Kapitel E.I.) weiterentwickelt werden soll und Hinweise mit Praxisbeispielen zu den erarbeiteten Maßnahmen für die Dienststellen enthält.
Zahlreiche aktuelle Vorhaben der Bundesregierung haben Anknüpfungspunkte zum Thema Vielfalt. Dazu gehören z.B. die Arbeit der interministeriellen Arbeitsgruppe Personal in der Digitalen Verwaltung, die ressortübergreifend an Handlungsempfehlungen zur Personalgewinnung und -entwicklung arbeitet, der Nationale Aktionsplan gegen Rassismus, das Bundeskonzept zur Steigerung des Anteils von Ostdeutschen in Führungspositionen, der Aktionsplan „Queer leben“ und die Strategie „Gemeinsam für Demokratie und gegen Extremismus“ oder der 9. Altersbericht „Alt werden in Deutschland - Vielfalt der Potenziale und Ungleichheit der Teilhabechancen". Im Zuge des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Zweites Führungspositionen-Gesetz - FüPoG II) von 2021 wurde das gesetzliche Ziel verankert, im öffentlichen Dienst bis Ende 2025 die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen zu erreichen. Die letzten Erhebungen deuten darauf hin, dass dieses Ziel bei gleichbleibender Entwicklung auch erreicht werden kann. So lag der Frauenanteil in Führungspositionen in der gesamten Bundesverwaltung Ende 2023 bei 46 %. Diese Maßnahmen sollen in ihren spezifischen Bereichen die Vielfalt in der Bundesverwaltung zur Geltung bringen. Sie ergänzen diese Strategie.
Das Bundespersonalvertretungsgesetz weist den Dienststellen und Personalvertretungen als gemeinsame Aufgabe zu, Benachteiligungen aufgrund der genannten Diskriminierungsgründe zu verhindern bzw. solchen entgegenzuwirken (vgl. § 2 Absatz 4 und § 62 Bundespersonalvertretungsgesetz). Sie stehen damit in der Verantwortung für eine vielfaltsbewusste und diskriminierungssensible Dienststelle. Gleiches gilt für die Schwerbehindertenvertretungen, die aufgrund der ihnen zugewiesenen Aufgabe aus § 178 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) ebenfalls ein Garant für eine diverse und diskriminierungsfreie Dienststelle darstellen. Im Hinblick auf die Gleichstellung von Frauen und Männern kommt den Gleichstellungsbeauftragten eine besondere Bedeutung zu.
Um eine vielfaltsbewusste Verwaltungskultur zu fördern, bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes, der das Vielfaltsmanagement nicht nur auf Personalmanagementaufgaben (wie z.B. Personalplanung oder freiwillige Schulungen) beschränkt. Unter Maßnahmen zur Vielfaltsförderung versteht diese Strategie neben Personalmanagementaufgaben auch Maßnahmen im Sinne eines vielfaltsbewussten und diskriminierungssensiblen Organisationsentwicklungsprozesses. Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist die Anerkennung der Existenz von Diskriminierungsrisiken in Organisationen.
Die vielfaltsorientierte Organisationsentwicklung beschreibt einen kontinuierlichen, langfristigen und umfassenden Prozess der Veränderung von Organisationen bzw. Organisationseinheiten. Dieser setzt das Bekenntnis der Hausleitung zu Vielfaltsförderung voraus.
Im Mittelpunkt der Maßnahmen steht die Gesamtheit der Beschäftigten mit ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten.
Dies betrifft einerseits das organisatorische Ermessen der Behörden zur Schaffung von Strukturen, wie z.B. die Benennung von Ansprechpersonen oder Organisationseinheiten, die sich dem Thema widmen. Andererseits betrifft es auch die Erstellung von Instrumenten wie z.B. Dienstvereinbarungen und Leitbildern, für deren inhaltliche Entwicklung oder auch Weiterentwicklung der unverbindliche Anhang dieser Strategie Hinweise aus der Praxis bietet. Veränderungsprozesse sind nur möglich, wenn Ressourcen bereitgestellt, Strukturen aufgebaut werden und kontinuierlich an der Organisationsentwicklung gearbeitet wird. Hierfür ist die Bereitschaft, relevante Organisationsstrukturen und -abläufe zu hinterfragen, eine wichtige Grundvoraussetzung.
Die Ressorts setzen bisher sehr unterschiedliche Schwerpunkte in ihren Aktivitäten zur Förderung von Vielfalt. Dies dürfte in Teilen auch ihren unterschiedlichen Gegebenheiten mit Blick auf Aufgaben und ihre Sicherheitsrelevanz, Behördengröße und Bedarfslage geschuldet sein. Immer mehr Ressorts verfolgen gleichwohl strategische Ansätze des Vielfaltsmanagements. Einige Ressorts verfügen schon über behördenspezifische Diversitätsstrategien oder planen diese. Zahlreiche Behörden haben eigene Regularien entwickelt, die Vielfalt bzw. einzelne Aspekte davon adressieren, z.B. über einen Verhaltenskodex zu vielfaltsbewusstem oder -sensiblem Verhalten. Immer mehr Ressorts benennen Ansprechpersonen bzw. Organisationseinheiten für das Themenfeld Vielfaltsförderung bzw. Vielfaltsmanagement, entweder als weiteren Aufgabenbestandteil in den Personal- und bzw. oder Personalentwicklungsreferaten oder in Form der Benennung einer oder eines Vielfaltsbeauftragten. Der überwiegende Teil der Ressorts verfügt über selbstorganisierte Beschäftigtennetzwerke zu unterschiedlichen Vielfaltsmerkmalen.
Viele Ressorts unterziehen sich regelmäßig und erfolgreich dem Auditverfahren „Beruf und Familie“. Das Audit ist ein strategisches Managementinstrument, das die Institutionen dazu nutzen, ihre Personalpolitik familien- und lebensphasenbewusst auszurichten und passgenaue und bedarfsgerechte Maßnahmen zu erarbeiten. Der Ablauf der Auditierung ist ein systematischer Prozess, welcher auch für die vielfaltsorientierte Organisationsentwicklung genutzt werden könnte. Audit-Verfahren zum Thema „Vielfalt“ werden bislang kaum durch die Ressorts genutzt.
Maßnahmen
Mit den folgenden Maßnahmen im Bereich Organisationsentwicklung sollen vielfaltsorientierte Veränderungsprozesse der Organisationseinheiten gefördert werden, um Chancengerechtigkeit, Fairness und Vielfalt als Ziele in den Behörden des Bundes sichtbar zu verankern:
a) Hauseigene Diversitätsstrategien
Den obersten Bundesbehörden wird empfohlen, eigene Diversitätsstrategien zu verfassen. Die nachfolgenden Maßnahmen bzw. Empfehlungen (Nr. b-e) können dabei Gegenstand der hauseigenen Strategien sein.
Umsetzungszeitraum: bis 2027
b) Strukturen
Die obersten Bundesbehörden verpflichten sich, im Rahmen ihres organisatorischen Ermessens zu prüfen, ob ihr Haushaltsplan die Schaffung dauerhaft qualifizierter Ansprechpersonen, Anlaufstellen oder Organisationseinheiten ermöglicht und gegebenenfalls entsprechend des Ergebnisses ihrer Prüfung einzurichten. Die entsprechenden Aufgaben zur Vielfaltsförderung und Diskriminierungsprävention sollen in geeigneter Weise, z.B. in den Organisations- und Geschäftsverteilungsplänen oder im Intranet, verankert werden.
Umsetzungszeitraum: möglichst bis Ende 2027
c) Verhaltenskodex zu vielfaltsbewusstem Handeln
Es wird den Bundesbehörden empfohlen, soweit noch nicht vorhanden, einen verbindlichen Verhaltenskodex zu etablieren.
d) Behördliche Zielvorgaben zur Vielfaltsförderung
Den Bundesbehörden wird empfohlen, hausinterne Ziele zur Vielfaltsförderung festzulegen und daraus entsprechende individuelle Maßnahmen abzuleiten.
e) Beschäftigtennetzwerke
Den Bundesbehörden wird empfohlen, die Einrichtung von Beschäftigtennetzwerken zu unterstützen und zu fördern.
f) Vielfaltsaudit als Organisationsentwicklungstool
Den Bundesbehörden wird empfohlen, die Einführung einer Zertifizierung für eine diversitätsorientierte und diskriminierungssensible Organisationsentwicklung zu prüfen und ggfs. durchzuführen.
Vielfaltsbewusste Personalentwicklung zielt darauf ab, dass alle Beschäftigten ihre Potenziale und Kompetenzen bestmöglich einsetzen und entfalten und sich so optimal in die Organisation einbringen können. Sie berücksichtigt dabei die individuelle sowie die sich im beruflichen Verlauf wandelnden Lebenssituation. Das erfordert Maßnahmen, die insbesondere bei Stellenausschreibungen, Auswahlkriterien, Einstellungsbedingungen, Bewerbungsgesprächen, Leistungsbewertungen, Beurteilungen, Nutzung flexibler Arbeitsbedingungen (Gleitzeit, mobiles Arbeiten), beruflichen Aufstiegen und anderen Personalentwicklungsmaßnahmen Diskriminierungsfreiheit sicherstellen. Um Organisationseinheiten vielfaltsbewusst zu entwickeln, spielt die Personalentwicklung aller Beschäftigten eine wichtige Rolle. Insbesondere Führungskräfte tragen eine zentrale Verantwortung, da sie die Organisationskultur maßgeblich mitprägen. Ziel ist es, einen vielfaltssensiblen Führungsstil zu implementieren. Er trägt zu einem Arbeitsklima bei, das Personen in ihrer Unterschiedlichkeit fördert, Reflexionsprozesse ermutigt und gesellschaftlichen Benachteiligungen entgegenwirkt. Zu den Aufgaben von Führungskräften zählt auch die Förderung der Beschäftigten in ihren Potenzialen und Kompetenzen, Qualifikationen und Erfahrungen, so dass eine Kultur der Zusammenarbeit entstehen kann. Dies setzt auch ein Angebot zur Qualifizierung von Führungskräften und Beschäftigten voraus.
Eine wertschätzende und transparente Kommunikation ist dabei essentiell, um eine Gesprächskultur, die auf gegenseitigem Respekt, Offenheit und Ehrlichkeit beruht, zu fördern.
Schulungen sind ein entscheidender Schlüssel, um das Verständnis und die Sensibilisierung der Mitarbeitenden, insbesondere der Führungskräfte, für die Notwendigkeit und Vorteile von Vielfalt zu fördern. Sie können für Mitarbeitende ein geeigneter Schritt sein, unbewusste Vorurteile zu erkennen und möglichst zu verringern, ihr Verhalten zu reflektieren und ggf. anzupassen. Außerdem zielen sie darauf ab, Diskriminierung zu vermeiden bzw. Handlungsmöglichkeiten gegen Diskriminierung aufzuzeigen und eine inklusive Organisationskultur zu fördern. Indem sie Komplexität und praktische Aspekte von Vielfalt vermitteln, können Schulungen die Mitarbeitenden dazu befähigen, die Ziele der Diversitätsstrategie effektiv in ihrem täglichen Arbeitsablauf umzusetzen. Mittels Schulungen können eine gemeinsame „Sprache“ und ein gemeinsames Verständnis für die Werte und Prinzipien der Diversitätsstrategie etabliert werden. Das wird sich sowohl auf die Zusammenarbeit innerhalb der Organisationseinheiten und Ebenen der Bundesverwaltung als auch im Außenkontakt mit Bürgerinnen und Bürgern positiv auswirken und eine Kultur des Respekts, der Offenheit und des wertschätzenden Miteinanders in der Bundesverwaltung etablieren.
Die verschiedenen Kernmerkmale der „Vielfalt“ sind in vielen Bundesbehörden schon heute Gegenstand von Schulungen. Unterschiede bestehen jedoch bei den Schulungskonzepten, d.h. Fragen zu Schulungsthemen, -umfängen und -inhalten, adressierten Gruppen und der Auswahl an verpflichtenden Schulungen. Schulungen erfolgen bislang nicht in einem ressortübergreifend gemeinsamen Verständnis von Vielfalt, nicht in allen Fällen aufeinander aufbauend und überwiegend nicht verbindlich.
Die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV) als zentrale Fortbildungseinrichtung des Bundes hat die Aufgabe, in enger Zusammenarbeit mit Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft Beschäftigte der Bundesverwaltung praxisnah fortzubilden. Die BAköV bietet bereits punktuell allgemeine Schulungen zu einzelnen Aspekten von Vielfalt an. Zum Teil wird von den Ressorts auch auf externe Schulungsanbieter zurückgegriffen.
Die BAköV hat ein E-Learning zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Zusammenarbeit mit der Antidiskriminierungsstelle erstellt, welches seit Mitte 2024 über das Fortbildungsportal des Bundes angeboten wird. Dieses elektronische Lernangebot soll alle Beschäftigten in der Bundesverwaltung ansprechen und ist darauf ausgelegt, für die Thematik zu sensibilisieren. Dieses Angebot wird im ersten Quartal 2025 um weitere Module erweitert. Die Zielgruppen sind hierbei Führungskräfte, Funktionsträger, Personalistinnen und Personalisten aber auch alle anderen Interessierten, die weiterführende Informationen zu den Regelungen des AGG erhalten möchten.
Neben den gesetzlich vorgegebenen Schulungen zum AGG und dem Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten (SoldGG) bieten die Bundesbehörden Schulungen zu folgenden Themen an:
Schulungen sollen Mitarbeitende und Führungskräfte bedarfsgerecht in den Themenbereichen Vielfalt, Diskriminierung, Diskriminierungsprävention und -intervention sensibilisieren. Perspektivisch erfordert dies ein einheitliches und systematisches Schulungskonzept zu Themen und Aspekten der Vielfalt für die Bundesverwaltung. Die BAköV soll ein solches Konzept entwickeln, das von den Behörden in ihr Fortbildungsangebot integriert werden kann und den notwendigen Spielraum für die Anpassung an die eigenen Bedarfe lässt.
Durch Schulungsmaßnahmen sollen im Rahmen der Kapazitäten folgende Ziele erreicht werden:
Maßnahmen
a) Grundsensibilisierung
Die Bundesbehörden stellen im Rahmen ihres Fortbildungsauftrags Grundlagenwissen im Themenbereich Vielfalt für alle ihre Beschäftigten, inklusive der Führungskräfte und der Personalverantwortlichen, durch Schulungen oder andere Formate bereit. Hierzu können sie auf zentral von der BAköV bereitgestellte Schulungsangebote (z.B. e-Learnings) zurückgreifen.
Umsetzungszeitraum: Beginn der Umsetzung möglichst in der ersten Jahreshälfte 2026 (soweit noch nicht vorhanden)
b) Aufbauschulungen
Die Bundesbehörden stellen im Rahmen ihres Fortbildungsauftrags ein Schulungsangebot für Aufbauschulungen zu den Themen „Unconcious Bias“ und „Antidiskriminierung“ für ihre Beschäftigten, insbesondere Führungskräfte und Personalverantwortliche, bereit. Für Führungskräfte wird zudem ein Schulungsangebot zum Thema „chancengerechtes Beurteilen“ angeboten. Hierzu können sie auf zentral von der BAköV bereitgestellte Schulungsangebote (z.B.“Unconscious Bias - unbewusste Wahrnehmungsverzerrungen“) zurückgreifen. Soweit Schulungsangebote fehlen, wird die BAköV im Rahmen der Fortentwicklung ihres Schulungsangebotes die hier genannten Aspekte berücksichtigen.
Umsetzungszeitraum: Beginn der Umsetzung möglichst 2. Quartal 2027 (soweit noch nicht vorhanden)
c) Evaluation von Schulungsangeboten
Den Bundesbehörden wird empfohlen, ihre Schulungsangebote regelmäßig zu evaluieren.
Dienstliche Beurteilungen sind Grundlage für den Leistungsvergleich. Das Grundgesetz schreibt in Artikel 33 Absatz 2 vor, dass Auswahlentscheidungen nur nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung getroffen werden dürfen und somit auch diskriminierungsfrei erfolgen müssen. Dies wird in § 9 Bundesbeamtengesetz (BBG) noch einmal verdeutlicht. Damit diese Vorgaben konsequent Beachtung finden und alle die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst haben und Führungspositionen erlangen können, bedarf es konkreter Regelungen in den Beurteilungsrichtlinien. Die Beurteilungsverfahren bieten Spielräume für subjektive Sichtweisen auf Berufsrollenbilder, Geschlechterstereotype und Interessenlagen, die nichts mit der tatsächlichen Leistung, Eignung und Befähigung zu tun haben.Dies muss in das Bewusstsein der Führungsebenen gebracht werden.
Maßnahmen
Durch die Etablierung von Vielfaltskompetenz als Bestandteil der Personalentwicklung von Führungskräften kann Diskriminierungsrisiken bei Beurteilungen vorgebeugt werden. Durch beispielsweise Mentoringprogramme können Beschäftigte unterrepräsentierter Gruppen gezielt gefördert werden.
a) Vielfaltskompetenz im Rahmen der Beurteilung
Es wird empfohlen zu prüfen, ob und wie Vielfaltskompetenz als Befähigungs- oder Leistungsmerkmal in der dienstlichen Beurteilung sowie als Einstellungs- bzw. Auswahlkriterium berücksichtigt werden kann. Vielfaltskompetenz könnte als Befähigungsmerkmal in die dienstliche Beurteilung aufgenommen werden, als Leistungsmerkmal wäre dies z.B. als Unterfall der Führungskompetenz zulässig.
b) Vereinheitlichung des Beurteilungsrechts
Es wird empfohlen, im Rahmen der angestrebten Vereinheitlichung des Beurteilungsrechts zu prüfen, ob und wie Vielfaltskompetenz als Befähigungs-oder Leistungsmerkmal aufgenommen werden kann.
c) Diskriminierungscheck von Beurteilungsrichtlinien
Es wird empfohlen, dass die Behörden der Bundesverwaltung kurzfristig ihre bestehenden Beurteilungsrichtlinien auf Kriterien überprüfen, die Diskriminierungsrisiken mit sich bringen („Diskriminierungscheck“).
d) Allgemeine Beratungs- und Unterstützungsangebote
Den Bundesbehörden wird empfohlen, unterstützende Angebote zu schaffen, um Beschäftigte unterrepräsentierter Gruppen im Rahmen der grundgesetzlichen Rahmenbedingungen (insb. Artikel 3 GG) und des Grundsatzes von Eignung, Leistung und Befähigung (Artikel 33 Absatz 2 GG) bei ihrer beruflichen Entwicklung zu beraten, beispielsweise durch Mentoringprogramme.
Der Schutz vor Diskriminierung in der Bundesverwaltung und damit die Weiterentwicklung und Ausweitung von Antidiskriminierungsmaßnahmen sind zentrale Anliegen dieser Strategie und wichtige Bausteine zur Förderung der Vielfalt in der Bundesverwaltung.
Die Bundesverwaltung und Unternehmen mit Bundesbeteiligung sind als Arbeitgeber bzw. Dienstherr nach dem AGG gesetzlich angehalten, Maßnahmen zum Schutz aller Beschäftigten vor Diskriminierung zu ergreifen (vgl. § 6 Absatz 1 und § 24 Nummer 1 AGG). Das AGG sowie das SoldGG formulieren dabei sowohl die Pflicht zu präventiven Maßnahmen als auch zu geeigneten Reaktionen (§ 12 Absatz 1 bis 4 AGG; § 10 Absatz 1 bis 4 SoldGG). Auch das im Bundesgleichstellungsgesetz enthaltene Fördergebot und Benachteiligungsverbot aufgrund des Geschlechts dient der Diskriminierungsprävention.
Den Bundesbehörden ist bewusst, dass Diskriminierungsrisiken auch in ihren Institutionen bestehen. Die Rechtsgrundlagen des AGG und SoldGG sind wegen der darin geregelten Definitionen zum Begriff der Benachteiligung (§§ 3 AGG und SoldGG) wichtig und bei der Erarbeitung behördenspezifischer Diversitätsstrategien sowie Entwicklung und Umsetzung konkreter Antidiskriminierungsmaßnahmen zu Grunde zu legen.
Trotz der Etablierung verschiedener Präventionsmechanismen, die der Diskriminierung in der Bundesverwaltung entgegenwirken sollen, kann es in einem diversen Arbeitsumfeld zu Diskriminierungsvorfällen unterschiedlichster Formen kommen. Diskriminierungen sind mit Persönlichkeitsverletzungen verbunden, die es Betroffenen häufig erschweren, Vorfälle überhaupt zu melden. Um dieser Realität angemessen zu begegnen, kann es je nach behördlicher Organisation sinnvoll sein, unterschiedliche Ansprechstellen zu haben, damit die verschiedenen Interessen aller Beteiligten berücksichtigt werden können.
Jeder und jede Beschäftigte hat das Recht, sich bei der zuständigen Stelle des Arbeitgebers oder des Dienstherrn über eine Diskriminierung zu beschweren. Die AGG-Beschwerdestellen müssen ein offizielles Verfahren einleiten, sobald eine Beschwerde eingereicht wird. Zusätzliche vertrauliche Anlaufstellen sind wichtig.
Die AGG-Beschwerdestellen und weiteren Anlaufstellen können ihre Aufgaben zudem nur effektiv ausüben, wenn die Beschäftigten über die Einrichtung der Stellen an sich aber auch über das jeweilige Beratungsangebot und bzw. oder Beschwerdeverfahren gut informiert sind.
Zur effektiven Umsetzung können verbindliche behördliche Regelungen zur Prävention und Identifikation von Diskriminierungsrisiken wie auch zur Intervention im Fall von Diskriminierung beitragen.
Maßnahmen
Durch die Maßnahmen zur Diskriminierungsprävention sollen folgende Ziele erreicht werden:
Schaffung einer Kultur der Antidiskriminierung und Vielfaltsförderung,
ressortübergreifender einheitlicher Rahmen für AGG-Beschwerdeverfahren,
Bündelung und Erhöhung der Verbindlichkeit von Antidiskriminierungsmaßnahmen, das heißt Maßnahmen zur Prävention und Identifikation von Diskriminierung und Intervention im Fall von Diskriminierung.
a) Gemeinsames Diskriminierungsverständnis
Den Bundesbehörden wird empfohlen, einheitliche Begriffsbestimmungen für die Entwicklung und Umsetzung konkreter Antidiskriminierungsmaßnahmen und Erarbeitung behördeneigener Diversitätsstrategien zu Grunde zu legen.
b) Gemeinsame Standards für AGG-Beschwerdestellen (§ 13 AGG)
Den Bundesbehörden wird empfohlen, über das Netzwerk der AGG-Beschwerdestellen und auf Grundlage der bereits bewährten Praxis gemeinsame Standards für die AGG-Beschwerdestellen zu vereinbaren.
c) Niedrigschwelliger Beschwerdeweg
Den Bundesbehörden wird empfohlen, die AGG-Beschwerdestelle organisatorisch so einzurichten, dass der Beschwerdeweg für die Beschäftigten möglichst niederschwellig ist.
d) Unterrichtung der Hausleitungen über das Beschwerdemanagement
Den Bundesbehörden wird empfohlen, ihren Dienststellenleitungen regelmäßig anonymisiert zu Beratungsanfragen, Beschwerden zu Diskriminierung und zur Arbeit der Beschwerdestellen zu berichten.
e) Dienstvereinbarung oder Handreichung zu Beschwerdeverfahren und Antidiskriminierung
Den Bundesbehörden wird empfohlen, den Ablauf des Beschwerdeverfahrens per Dienstvereinbarung zu regeln oder in einer Handreichung zu konkretisieren. Dasselbe gilt für die Umsetzung von Maßnahmen zur Diskriminierungsprävention und Intervention.
f) Erste Beratung bei Diskriminierung außerhalb des § 13 AGG
Den Bundesbehörden wird empfohlen, neben einer AGG-Beschwerdestelle niedrigschwellige Anlaufstellen zu schaffen, die betroffenen Beschäftigten für alle Vielfaltsmerkmale einen Raum geben, sich beraten zu lassen und Fälle anonym melden zu können.
g) Bekanntmachung relevanter Informationen in den Behörden
Die Bundesbehörden verpflichten sich, relevante Informationen zum Beschwerdeverfahren, den AGG-Beschwerdestellen und vertraulichen Ansprechpersonen in geeigneter Form den Beschäftigten zugänglich zu machen. Sie informieren neue Beschäftigte und das Bestandspersonal regelmäßig über Diskriminierungsschutz.
Umsetzungszeitraum: möglichst bis Ende 2025
h) Zusammenarbeit und Vernetzung
Den Bundesbehörden wird empfohlen, den innerbehördlichen Austausch und die Zusammenarbeit der Akteurinnen und Akteure im Bereich Antidiskriminierung zu fördern.
Die Bundesverwaltung geht davon aus, dass eine gezielte Ansprache von arbeitssuchenden Personen, die aufgrund von Vielfaltsmerkmalen diskriminierungsvulnerabel sind, ein geeignetes Mittel dafür ist, um ihr Interesse zu wecken, sich auf eine Stelle in einer Bundesbehörde zu bewerben.
In Deutschland sind soziale Herkunft und Bildungschancen eng verknüpft. [10] Dies betrifft auch Menschen mit Einwanderungsgeschichte, insbesondere in Abhängigkeit vom familiären Bildungshintergrund. Dies kann als eine Ursache gelten, warum der Anteil von Personen mit Einwanderungsgeschichte in der Bundesverwaltung im Vergleich zur Gesamtbevölkerung und der Privatwirtschaft geringer ausfällt. Zudem ist anzunehmen, dass Menschen mit Einwanderungsgeschichte schon allein aufgrund ihrer geringeren Repräsentanz schlechter in die Verwaltung hinein vernetzt sind und es ihnen häufig an Vorbildern fehlt, die sie auf eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst aufmerksam machen könnten. Insgesamt sind insbesondere Angehörige der ersten Einwanderungsgeneration, die selbst nach Deutschland migriert sind, stärker von Barrieren beim Zugang zum öffentlichen Dienst betroffen im Vergleich zu ihren Nachfahren. Im Austausch mit der Zivilgesellschaft wurde deutlich, dass eine zielgruppengerechte Ansprache deshalb essentiell ist für die Anwerbung von Menschen mit Einwanderungsgeschichte.
Hauseigene Karriereseiten, Karriereportale des öffentlichen Dienstes, Internet-Stellenbörsen, die Bundesagentur für Arbeit oder Karrieremessen und Social Media werden bereits von vielen der obersten Bundesbehörden genutzt. Darüber hinaus werden zum Teil hauseigene Karriereveranstaltungen oder sonstige Formate angeboten. Printmedien, Karrierenetzwerke und /oder -Plattformen oder sonstige Veranstaltungen zur Personalgewinnung stehen dabei bisher nicht überall im Fokus.
Maßnahmen
Karrieremöglichkeiten in der Bundesverwaltung sollten vielfaltsorientiert auf verschiedenen Kanälen unter Berücksichtigung der bestehenden Internetpräsenzen der Bundesbehörden dargestellt werden.
a) Anpassung der Internetseiten
Die Bundesbehörden gestalten und entwickeln die jeweiligen Arbeitgeber– bzw. Karriereseiten sowie Social Media Präsenzen vielfaltsorientiert fort.
Umsetzungszeitraum: Beginn der Umsetzung möglichst bis Ende 2025
b) Ansprache auf anderen Kanälen
Die Bundesbehörden prüfen, über welche noch nicht genutzten Kanäle sie für ihre jeweilige Behörde unterrepräsentierte Gruppen am besten erreichen können.
Umsetzungszeitraum: bis möglichst Ende 2027
Auch die vielfaltsorientierte und diskriminierungssensible Ausgestaltung von Stellenausschreibungen und Auswahlverfahren spielt eine wichtige Rolle im Bereich der zielgruppenorientierten Personalgewinnung.
Die Personalauswahl in der öffentlichen Verwaltung muss zahlreiche rechtliche Vorgaben beachten. Insbesondere das in Artikel 33 Absatz 2 GG verankerte Prinzip der Bestenauslese und der Gleichheitsgrundsatz in der Ausgestaltung des Artikel 3 GG geben verbindliche Kriterien für Auswahlentscheidungen vor. Zudem gibt es mittlerweile etliche einfachgesetzliche Regelungen aus dem Beamten-, Sozial-, Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsrecht, die Personalverantwortliche zu beachten haben.
Durch die Verwendung inklusiver Sprache und die Betonung der Wertschätzung von Vielfalt in Ausschreibungen und Auswahlverfahren kann eine breitere und vielfältigere Gruppe an Bewerberinnen und Bewerbern adressatengerecht angesprochen und erreicht werden. Ergänzende Hinweise in Ausschreibungen, die auf eine Vielfaltssensibilität der jeweiligen Behörde schließen lassen, können bei der Anwerbung von Personen mit Vielfaltsmerkmalen, die diskriminierungsvulnerabel sind, einen entscheidenden Faktor für eine Bewerbung bilden.
Aktuell nennen bereits alle Bundesbehörden bei Stellenausschreibungen die Offenheit gegenüber Menschen aller Vielfaltsmerkmale sowie die Wertschätzung gegenüber vielfältigen Teams.
Bei Auswahlverfahren ist sowohl die Vielfaltskompetenz der potentiellen Bewerbenden als auch der Auswahlkommission von Bedeutung.
In zahlreichen Bundesbehörden ist die Vielfaltskompetenz der Bewerbenden bereits jetzt ein Kriterium der Personalauswahl. Geprüft werden entsprechende Kenntnisse und Kompetenzen (einschl. Gender- und Generationenkompetenz), beispielsweise in Form konkreter Fragen (allgemein oder situativ), als Teil eines Rollenspiels oder einer Gruppendiskussion oder einer schriftlichen Aufgabe.
Die Kompetenz der Mitglieder einer Auswahlkommission zeichnet sich z.B. durch die Verwendung inklusiver Sprache aus, die idealerweise mit einer Reflexion unbewusster Vorurteile einhergeht.
Maßnahmen
Mit den folgenden Maßnahmen können innerbehördliche Optimierungsmöglichkeiten bei der Gestaltung von Ausschreibungstexten und Auswahlverfahren ermittelt werden.
a) Vielfaltsbewusste Stellenausschreibungen
Die Bundesbehörden gestalten - sofern noch nicht geschehen - Stellenausschreibungen vielfaltsbewusst.
Umsetzungszeitraum: bis Ende 2025
b) Vielfaltskompetente Besetzung von Auswahlkommissionen
Den Bundesbehörden wird empfohlen, Auswahlkommissionen im Rahmen ihres Organisationsermessens möglichst vielfaltskompetent zu besetzen. Die gesetzlichen Vorgaben, z.B. § 7 Absatz 3 BGleiG bzw. § 7 Absatz 5 SGleiG sind vorrangig zu berücksichtigen.
c) Anonymisierte Bewerbungsverfahren
Den Bundesbehörden wird empfohlen zu prüfen, ob sie anonymisierte oder teilanonymisierte Bewerbungsverfahren für eine sinnvolle Ergänzung zu ihren sonstigen Fördermaßnahmen halten.
Umsetzungszeitraum: 2025
d) Anforderungsprofile
Den Bundesbehörden wird empfohlen, ihre Anforderungsprofile dahingehend zu überprüfen, ob die Aufnahme einer „Diversitätskompetenz“ möglich ist.
Das Angebot von Praktika und Hospitationsprogrammen kann dazu beitragen, dass Menschen mit unterrepräsentierten Vielfaltsmerkmalen den Weg in die Bundesverwaltung finden.
In der öffentlichen Verwaltung gibt es verschiedene Initiativen und Programme, die darauf abzielen, Vielfalt zu fördern, insbesondere im Rahmen von Praktika und Hospitationen. Praktika und Hospitationen stellen gute Möglichkeiten dar, verwaltungsfernen Zielgruppen einen Einblick in die Bundesverwaltung zu geben und ihr Interesse für eine anschließende Beschäftigung zu wecken.
Maßnahme
Die Bundesbehörden verpflichten sich im Rahmen ihres behördlichen Ermessens, mögliche Zielgruppen auf bestehende Möglichkeiten von Praktika und Hospitationen hinzuweisen, beispielsweise durch Kooperationen mit Verbänden zur Veröffentlichung von Praktikumsplätzen.
Umsetzungszeitraum: bis Ende 2025
Bereits im Nationalen Aktionsplan Integration (2018-2021) wurde die Einrichtung eines Praxisnetzwerks als sinnvolle Maßnahme erachtet, um den Erfahrungsaustausch zwischen den Behörden zu fördern.
Maßnahmen
Zur Förderung des Austauschs zwischen den obersten Bundesbehörden und anlassbezogen unter Einbeziehung des nachgeordneten Bereiches verpflichten sich die obersten Bundesbehörden den bestehenden Austausch in ein regelmäßiges Netzwerkformat unter Koordinierung des Bundesministerium des Innern und für Heimat und der Integrationsbeauftragten zu überführen.
Im Rahmen dieses Netzwerkes stellen die obersten Bundesbehörden in regelmäßigen Abständen auf Aufforderung der Koordinierenden Best Practice Beispiele ihrer Behörden vor.
In der Bundesverwaltung existieren bereits Plattformen, die für den Austausch zwischen den Behörden geeignet und gedacht sind und fortlaufend weiterentwickelt werden.
Maßnahme
Zur Stärkung der Kommunikation und des Best Practice Austauschs zwischen den Behörden wird den Bundesbehörden empfohlen, den BSCW oder alternativ die SIB Box (weiterhin) aktiv als Austauschplattform zu nutzen.
Derzeit existiert für Maßnahmen im Bereich Vielfalt weder ein einheitliches Monitoring noch eine Evaluation für die Bundesverwaltung.
Der Diversität und Chancengleichheit Survey liefert einzelne behördenübergreifende Monitoring-Elemente z.B. zur Entwicklung des Anteils von Personen mit Einwanderungsgeschichte (insgesamt sowie differenziert nach bestimmten Beschäftigtenmerkmalen, wie z.B. Laufbahn-/Entgeltgruppen, Führungspositionen u.ä.), zum Vielfaltsklima und zur vergleichenden Messung der Beurteilung des Vielfaltsmanagements durch die Beschäftigten. Weiterhin enthält er z.B. auch Angaben zu Mobbing- und Diskriminierungserfahrungen.
Um die Effizienz von Maßnahmen sichtbar zu machen, können daher Verfahren zum Monitoring und zur Evaluierung Sinn ergeben, sofern sie die Verwaltung nicht zusätzlich mit Bürokratie belasten.
Maßnahmen
a) Monitoring
Den Behörden wird empfohlen, ihre Maßnahmen in regelmäßigen Abständen ressortintern zu monitoren.
b) Evaluierung
Den Behörden wird empfohlen, bei verfügbaren Haushaltsmitteln eine weitere Evaluierung durch externe Beratungs- und Evaluationsunternehmen bzw. Forschungseinrichtungen oder Universitäten durchführen zu lassen.
[1] Koalitionsvertrag 2021-2025, Kapitel „Vielfalt“, Unterkapitel „Migration, Teilhabe und Staatsangehörigkeitsrecht“, S. 94
[2] U.a. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Bundesgleichstellungsgesetz; Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz, Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz
[3] https://www.charta-der-vielfalt.de/fuer-organisationen
[5] Hier hat die Bundesregierung mit dem Beschluss des Bundeskonzepts zur Steigerung des Anteils von Ostdeutschen in Führungspositionen der Bundesverwaltung bereits erste Schritte unternommen.
[6] Gemeinsam die Einwanderungsgesellschaft gestalten; Bericht der Fachkommission der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit (29.02.2021), S. 13.
[7] Der Text richtet sich unabhängig von den verwendeten Personenbezeichnungen an Menschen aller Geschlechtsidentitäten.
[8] Für den Bereich der Soldatinnen und Soldaten gelten die Regelungen des Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetzes (SGleiG).
[9] Unter dem Begriff „Unconscious Bias“ werden unbewusste Vorurteile verstanden, die unser Denken und Handeln beeinflussen, ohne dass wir es merken.
[10] OECD (2019), PISA 2018 Results (Volume II): Where All Students Can Succeed, PISA, OECD Publishing, Paris, und OECD (2023), PISA 2022 Results (Volume I): The State of Learning and Equity in Education, PISA, OECD Publishing