Die wichtigsten Zahlen und Fakten
Wie steht es um die Integration in Deutschland? Der Bericht zeigt alle zwei Jahre, in welchen Bereichen Fortschritte erzielt wurden und wo nachgesteuert werden muss.
Der 12. Integrationsbericht legt einen Schwerpunkt auf den Bildungsbereich und die Förderung von Frauen mit Migrationshintergrund. Er zeigt deutlich: Vielfalt ist Normalität. Rund ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland (25,5 Prozent) hat einen Migrationshintergrund. Von diesen knapp 21 Millionen Menschen hatten 2018 mehr als die Hälfte (52 Prozent) den deutschen Pass.
Die Trennung zwischen Menschen „mit Migrationshintergrund“ und Menschen „ohne Migrationshintergrund“ entspricht nicht mehr unserer gelebten Wirklichkeit. Zum einen fühlen sich Personen, deren Eltern eingewandert sind, genauso „deutsch“. Zum anderen wird die Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund immer heterogener.
Weitere Fakten aus dem Integrationsbericht erhalten Sie unten. Den gesamten Bericht sowie eine Kurzversion können Sie herunterladen.
Strukturdaten
Nach Definition des Statistischen Bundesamts hat eine Person eine familiäre Einwanderungsgeschichte, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt.
Die Einteilung der Bevölkerung nach dem Merkmal „mit und ohne familiäre Einwanderungsgeschichte“ im Mikrozensus bildet die gesellschaftliche Vielfalt nur noch eingeschränkt ab. Zum einen fühlen sich Personen, deren Eltern eingewandert sind, genauso „deutsch“.
Zum anderen wird die Gruppe der Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte immer heterogener. Sie setzt sich aus verschiedenen Teilgruppen zusammen (zum Beispiel Alt- und Neueingewanderte, Menschen mit und ohne eigene Migrationserfahrung, hier geborene und aufgewachsene Kinder und Enkelkinder einst Eingewanderter).
Jede vierte Person (20,8 Millionen) in Deutschland hat eine familiärer Einwanderungsgeschichte. Das sind 25,5 Prozent Menschen (Mikrozensus, Statistisches Bundesamt) Davon sind 52 Prozent Deutsche und 48 Prozent Ausländerinnen und Ausländer.
10,7 Millionen Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte sind Männer und 10,1 Millionen sind Frauen.
Der leicht höhere männliche Anteil in der Bevölkerung mit familiärer Einwanderungsgeschichte ist vor allem auf die Einwanderung von jungen Männern im erwerbsfähigen Alter zurückzuführen.
In den Bundesländern ist der höchste Anteil der Bevölkerung mit familiärer Einwanderungsgeschichte in Bremen (35,1 Prozent), Hessen (33,6 Prozent), Baden-Württemberg (33,4 Prozent) Hamburg (33,3 Prozent), Berlin (31,6 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (30,4 Prozent). In den ostdeutschen Ländern (ohne Berlin) betrug der Anteil nur 8,0 Prozent.
Seit 2016 ist der Wanderungssaldo rückläufig. Im Jahr 2018 betrug er insgesamt +399.680 Personen. Die Hälfte der Eingewanderten kam 2018 aus einem EU-Mitgliedsstaat (knapp 800.000 EU-Bürgerinnen und -Bürger wanderten ein).
Die Zahl der Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) sinkt hingegen weiter deutlich: 745.545 (2016), 222.683 (2017), 185.853 (2018), 141.889 (2019, Januar bis Ende Oktober).
Von 2015 bis zum 31.10.2019 wurden beim BAMF insgesamt 1.772.619 Asylanträge gestellt. Im gleichen Zeitraum wurde in 972.292 Fällen vom BAMF rechtlicher Schutz zugesprochen.
Bildung als Schlüssel für Integration
Die finanzielle, soziale und kulturelle Situation der Familien wirkt sich unmittelbar auf die Entwicklung von Kindern aus. Kinder mit familiärer Einwanderungsgeschichte leben sehr viel häufiger in Familien, in denen die Eltern einen geringen Bildungsstand haben, seltener erwerbstätig sind und über geringe Familieneinkommen verfügen. Von diesen drei Risikofaktoren gleichzeitig sind 8 Prozent der Kinder mit familiärer Einwanderungsgeschichte, aber nur 2 Prozent der Kinder ohne familiäre Einwanderungsgeschichte betroffen.
Von Angeboten frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung profitieren Kinder aus sozial benachteiligten Familien und Familien mit familiärer Einwanderungsgeschichte für ihren weiteren Bildungsverlauf nachweislich am stärksten.
Trotz beträchtlicher Anstrengungen in Bildungspraxis und -politik besteht der enge Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg in Deutschland fort.
Immer mehr Kinder, auch mit familiärer Einwanderungsgeschichte, besuchen eine Kindertagesbetreuung. Von 2008 bis 2018 ist die Zahl der Kinder mit familiärer Einwanderungsgeschichte in der Kindertagesbetreuung von 729.667 auf 980.323 gestiegen.
Die Betreuungsquoten von Kindern mit und ohne familiärer Einwanderungsgeschichte gehen aber immer weiter auseinander. Im Jahr 2008 betrug der Abstand bei den Kindern unter drei Jahren 12,5 Prozent und im Jahr 2018 schon 21 Prozent (mit familiärer Einwanderungsgeschichte: 20 Prozent, ohne familiäre Einwanderungsgeschichte 41 Prozent). Bei den drei- bis unter sechsjährigen Kindern vergrößerte sich der Abstand im selben Zeitraum von 13,2 auf 17 Prozent (mit familiärer Einwanderungsgeschichte 82 Prozent, ohne familiäre Einwanderungsgeschichte: 99 Prozent).
Um die Qualität der Kitas insgesamt voranzubringen, investiert der Bund 5,5 Milliarden Euro über vier Jahre bis 2022 („Gute-Kita-Gesetz“). Den Platzausbau förderte der Bund mit drei Investitionsprogrammen von 2008 bis 2018 mit 3,28 Milliarden Euro und stellt bis 2020 weitere 1,126 Milliarden Euro zur Verfügung.
33,6 Prozent der Grundschulkinder haben einen MH, regional fallen die Anteile unterschiedlich hoch aus.
Ein überwiegender Teil der ausländischen Schülerinnen und Schüler - 29,5 Prozent - besucht derzeit die Gesamtschule. Im Schuljahr 2017/2018 waren es noch 28 Prozent. Nur ein Viertel lernt am Gymnasium (2017/2018: 26 Prozent).
Von den deutschen Schülerinnen und Schülern hingegen besuchen 21,2 Prozent eine Gesamtschule und 49 Prozent ein Gymnasium.
2017 hatten 15 Prozent der 15- bis 20-Jährigen mit familiärer Einwanderungsgeschichte keinen Schulabschluss (6 Prozent ohne familiäre Einwanderungsgeschichte), 26 Prozent einen Hauptschulabschluss (17 Prozent ohne familiäre Einwanderungsgeschichte), 40 Prozent mittlere Abschlüsse (49 Prozent ohne familiäre Einwanderungsgeschichte) und 19 Prozent Fachhochschulreife oder Abitur (28 Prozent ohne familiäre Einwanderungsgeschichte).
Zum einen nehmen damit von 2007 bis 2017 die Anteile der Personen mit familiärer Einwanderungsgeschichte mit Hauptschulabschluss ab. Zum anderen erreichen mehr Personen mit familiärer Einwanderungsgeschichte einen mittleren oder höheren Abschluss (Fachhochschulreife, Abitur).
Studien zeigen, dass Lehrkräfte die Kompetenzentwicklung der Schülerinnen und Schüler auch unbewusst und unbeabsichtigt durch ihr Handeln beeinflussen können. Beispielsweise hat eine Studie der Universität Mannheim ergeben, dass Grundschulkinder mit familiärer Einwanderungsgeschichte im Fach Deutsch – bei gleicher Leistung – von angehenden Lehrkräften schlechter benotet werden als Kinder ohne familiäre Einwanderungsgeschichte.
- Es braucht für alle Kinder frühzeitige Sprachstandserhebungen mit anschließender Sprachförderung für diejenigen, die Unterstützung brauchen.
- Damit alle Kinder einen möglichst frühen Zugang zum Bildungssystem haben, müssen Eltern aktiver über die Bedeutung von und die Zugänge zur Kindertagesbetreuung aufgeklärt und beraten werden. Notwendig sind mehr Aus- und Weiterbildungen für pädagogische Fachkräfte mit Fokus auf Integration und Vielfalt.
- Interkulturelle Kompetenz muss zum Pflichtfach in der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften werden.
- Die Rahmenlehrpläne und Schulbücher müssen die Vielfalt in unserer Gesellschaft widerspiegeln.
- Es braucht neutrale Anlaufstellen, an die sich Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte wenden können, wenn es zu Diskriminierung kommt.
Ausbildung und Arbeit – Potenziale nutzen
Die Lage am Ausbildungsmarkt hat sich positiv entwickelt. Für das Ausbildungsjahr 2017/2018 ist die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen gegenüber dem Vorjahr deutlich um 20.400 (+4 Prozent) auf 565.300 gestiegen. 2018/19 lag die Zahl bei rund 572.000 (+1 Prozent).
Vor diesem Hintergrund finden immer mehr Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte und Geflüchtete eine Ausbildung. So war am Jahresende 2018 jeder dritte bei der Bundesagentur für Arbeit registrierte Bewerber mit familiärer Einwanderungsgeschichte in einer betrieblichen Berufsausbildung – im Vergleich zu knapp der Hälfte der Bewerber ohne familiäre Einwanderungsgeschichte.
Laut Statistischem Bundesamt lag die Zahl der Erwerbstätigen mit familiärer Einwanderungsgeschichte 2011 bei rund 6.538.000 und im Jahr 2018 bereits bei 9.155.000. Das ist ein Zuwachs von 2.617.000.
Bei den Erwerbstätigen ohne familiäre Einwanderungsgeschichte ist hingegen ein Rückgang zu beobachten: 2011 waren rund 32,4 Millionen erwerbstätig und 2018 noch 31,9 Millionen.
2013 war nur jeder 13. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ein Ausländer. 2018 war es bereits jeder neunte, ein Anstieg von fast 65 Prozent.
Im November 2019 waren laut Bundesagentur für Arbeit bereits 431.000 Personen aus den Asyl-Hauptherkunftsländern in Deutschland beschäftigt - 357.000 davon sozialversicherungspflichtig. Ihre Beschäftigungsquote lag im September 2019 bei knapp 36,3 Prozent.
Die Arbeitslosenquote von Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist dreimal höher (12,9 Prozent) als diejenige von Deutschen (4,3 Prozent).
2017 betrug die Arbeitslosenquote bei Ausländern 14,6 Prozent gegenüber 4,7 Prozent bei Deutschen.
Ausreichende Sprachkenntnisse sind eine wesentliche und notwendige Voraussetzung für die Integration von Migrantinnen und Migranten in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt.
Die Beauftragte setzt sich deshalb dafür ein, den Teilnehmerkreis für Integrationskurse und Sprachförderung bei Gestatteten und Geduldeten – sofern ein Arbeitsmarktzugang rechtlich bereits möglich ist – zu erweitern.
Positiv wird bewertet, dass der Zugang zu den Integrationskursen für arbeitsmarktnahe Gestattete durch das Migrationspaket erweitert worden ist.
Seit ihrer Einführung im Jahr 2005 haben über 2 Millionen Menschen einen Integrationskurs durchlaufen.
Nach der 2015 erfolgten Öffnung der Integrationskurse für Asylsuchende mit guter Bleibeperspektive und bestimmte Geduldete stammten die meisten Kursteilnehmenden aus den fünf Hauptherkunftsstaaten Syrien, Irak, Iran, Somalia und Eritrea.
Die Ergebnisse der Prüfungsteilnehmenden haben sich seit Einführung der Integrationskurse im Jahr 2005 bis zum Jahr 2015 konstant verbessert, ab 2016 ist – im Zuge der Öffnung der Integrationskurse und der damit einhergehenden veränderten Teilnehmerstruktur – eine Verschlechterung bei den B1-Ergebnissen zu verzeichnen.
Ohne Frauen kann Integration nicht gelingen Kriminalität entschlossen bekämpfen
In Deutschland leben 10,1 Millionen Frauen mit familiärer Einwanderungsgeschichte, davon 4,9 Millionen deutsche Staatsangehörige und 4,2 Millionen Ausländerinnen, davon 688.000 geboren in Deutschland.
6,2 Millionen haben ihre Wurzeln in einem der 28 EU-Mitgliedstaaten (1 Millionen in Polen). 3 Millionen kommen aus den übrigen europäischen Staaten (inklusive der Türkei und Russischen Föderation).
Das Durchschnittsalter von Frauen mit familiärer Einwanderungsgeschichte beträgt 36,2 Jahre, sie haben im Durchschnitt 1,4 Kinder.
Frauen ohne familiäre Einwanderungsgeschichte sind im Schnitt 48,3 Jahre alt und haben 1,2 Kinder.
Von den 6,5 Millionen Frauen mit familiärer Einwanderungsgeschichte, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter oder in Ausbildung sind, haben 39 Prozent einen nichtaktademischen Berufsabschluss (gegenüber 66 Prozent bei Frauen ohne familiäre Einwanderungsgeschichte), 40,5 Prozent haben keinen berufsqualifizierenden Abschluss (gegenüber 17 Prozent bei Frauen ohne familiäre Einwanderungsgeschichte), und 20 Prozent verfügen über einen akademischen Abschluss (gegenüber 16 Prozent bei Frauen ohne familiäre Einwanderungsgeschichte).
Hochqualifizierte ausländische Frauen sind seltener erwerbstätig als nicht-ausländische Frauen. So liegt die Erwerbstätigenquote von deutschen Frauen im Alter von 30 bis 49 Jahre mit Fachhochschulabschluss bei 90 Prozent. Bei ausländischen Frauen mit gleicher Qualifikation liegt die Quote jedoch bei 65 Prozent.
Das kann auch mit Schwierigkeiten der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse zusammenhängen. Relevant sind aber auch die Lebenssituation im Herkunftsland vor der Einwanderung und zum Teil tradierte Geschlechterrollen.
Weil Frauen oft diejenigen sind, die Rollenbilder, Werte und Normen in ihren Familien und ihrem Umfeld vermitteln und kommende Generationen prägen, sind der Beauftragten folgende Punkte besonders wichtig:
- gezielte Unterstützung beim Einstieg in den Arbeitsmarkt, zum Beispiel durch besseren Zugang zu Beratung und Arbeitsvermittlung. Dafür hat die Beauftragte mit der BA eine Kooperationsvereinbarung geschlossen.
- bedarfsorientierte Kinderbetreuung und psychosoziale Begleitung, die Frauen und Müttern die Teilnahme an Integrationskursen und anderen Bildungs- und Arbeitsmarktförderungsmaßnahmen erleichtern.
- niedrigschwellige Angebote vor Ort, wie zum Beispiel durch eine Mentorin mit ähnlicher Lebenserfahrung die gesamte Familie im Integrationsprozess stärken und begleiten kann.
- Die Beauftragte hat die Unterstützung und Förderung von Frauen mit familiärer Einwanderungsgeschichte zu einem ihrer Schwerpunktthemen gemacht. Sie fördert mit ihrem Haushalt Projekte, die gezielt Frauen unterstützen. Etwa aufsuchende Beratungsangebote in Flüchtlingsunterkünften, niedrigschwellige Müttercafés, Stärkung in den Bereichen Frauen- und Menschenrechte oder Gewaltpräventionsschulungen.
- Es zeigt sich auch, dass die geschlechtergetrennte Arbeit mit Männern – gerade auch zu sensiblen Themen wie häuslicher Gewalt oder Frauenrechte – ein wesentlicher Faktor für die Stabilisierung und das Empowerment von Familien sein kann. Auch hierzu fördert die Beauftragte spezielle Projekte zum Beispiel „Gewaltprävention - Mit Migranten für Migranten“, Projektträger: Ethnomedizinisches Zentrum e.V.).
Kriminalität entschlossen bekämpfen
Nachdem die Zahl nicht deutscher Tatverdächtiger (bei Straftaten insgesamt ohne ausländerrechtliche Verstöße) in den Jahren 2015 (+12,8 Prozent) und 2016 (+10,9 Prozent) insbesondere infolge der hohen Flüchtlingszahlen angestiegen war, ist nun im zweiten Jahr in Folge ein Rückgang zu verzeichnen (2017: - 2,7 Prozent; 2018: - 1,7 Prozent).
Der Anteil nicht deutscher Tatverdächtiger ging im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück: von 34,8 Prozent auf 34,5 Prozent. Bei den Straftaten insgesamt ohne ausländerrechtliche Verstöße blieb der Anteil nahezu unverändert (2017: 30,4 Prozent; 2018: 30,5 Prozent).
Im Falle einer Straftat muss der Rechtsstaat konsequent und schnell reagieren. Schwere Straftaten müssen aufenthaltsrechtliche Konsequenzen haben.
Um Straftaten zu verhindern, braucht es eine effektive Prävention. Dazu gehört das Hinterfragen von gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen, schnelle Asylverfahren, frühzeitiger Zugang zu Integrationsmaßahmen und geeignete Unterbringung.