Diversitätsstrategie für die Bundesverwaltung

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Interkulturelle Öffnung Diversitätsstrategie für die Bundesverwaltung

Vielfaltsmanagement und die interkulturelle Öffnung sind für den öffentlichen Dienst wichtige Zukunftsaufgaben geworden. Um sie zu bewältigen wurde die Diversitätsstrategie für die Bundesverwaltung entwickelt.

Mitarbeiterinnen an Tisch in Besprechungsraum

Vielfaltsförderung und eine diversitätsbewusste Organisationskultur können Diskriminierung und Rassismus entgegenwirken

Foto: Pexels/Morillo

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Ausgangslage

Im öffentlichen Dienst sind Vielfalt und Chancengerechtigkeit immer mehr in den Fokus gerückt. Die interkulturelle Öffnung von Organisationen wird gleichwohl bereits seit Beginn der 1990er Jahre verfolgt. Es waren zuallererst die Polizeien der Länder und viele Kommunen, die sehr früh die Relevanz erkannt und interkulturelle Öffnung als Prozess in ihren Organisationen angestoßen haben. Mit dem Nationalen Aktionsplan wurden 2012 insgesamt 30 Einzelmaßnahmen zur Förderung der weiteren interkulturellen Öffnung des öffentlichen Dienstes auf den Weg gebracht.

Hieran wurde bei der Arbeit des Themenforums 2019/2020 angeknüpft. Allerdings wurden die Leitbegriffe „interkulturelle Kompetenz“ und „interkulturelle Öffnung“ als zu eng gefasst angesehen.  Stattdessen wurden die Begriffe „Diversität“ (synonym „Vielfalt“) sowie damit einhergehend „Diversitätskompetenz“ (synonym „Vielfaltskompetenz“) ins Zentrum gerückt. Die Begriffe sind weiter gefasst und beinhalten – neben der interkulturellen Kompetenz – weitere Diversitätsdimensionen. Sie zielen allgemein auf eine diversitätsbewusste Organisationskultur.

Während das längerfristige Ziel, Diversität in all ihren Dimensionen in den Vordergrund zu stellen und von der Kategorisierung einzelner Personengruppen abzurücken, einen zentralen Konsens des Themenforums darstellt, muss im Kontext des Nationalen Aktionsplans Integration gleichwohl gedanklich ein besonderer Fokus auf die Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund sowie den Teilaspekt von interkultureller Kompetenz gerichtet werden.

Auch darf die Verschiebung der Begrifflichkeiten nicht dazu führen, Menschen mit Migrationshintergrund aus dem Blick zu verlieren. Sie müssen in ihrer Vielfalt wahrgenommen und angesprochen werden. Vielfaltsförderung und eine diversitätsbewusste Organisationskultur können dazu beitragen, Diskriminierungsrisiken zu erkennen und letztlich Diskriminierung und Rassismus präventiv entgegenzuwirken.

Zentrale und impulsgebende Kraft von Vielfalt im öffentlichen Dienst

Vielfaltsmanagement und die weitere interkulturelle Öffnung sind für den öffentlichen Dienst wichtige Zukunftsaufgaben geworden. Dabei werden mehrere Ziele verfolgt. Unter anderem soll die vielfältige Gesellschaft Deutschlands auch in der Beschäftigtenstruktur des öffentlichen Dienstes sichtbar werden.

An der Gesamtbevölkerung beträgt der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund rund 26 Prozent. Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist in der Bundesverwaltung mit 12,0 Prozent im Vergleich zur Privatwirtschaft mit 26,2 Prozent (2018) deutlich unterrepräsentiert.

Drei Menschen an einem Tisch im Gespräch

26 Prozent der Gesamtbevölkerung haben eine familiäre Einwanderungsgeschichte

Foto: Vladimir VladimiroviStock.com

Neben der rein quantitativen ist auch die qualitative Betrachtung innerhalb des öffentlichen Dienstes von Bedeutung. Beschäftigte mit Migrationshintergrund sind – im Vergleich zu ihrem Anteil von 12,0 Prozent in der Bundesverwaltung insgesamt – mit 19,6 Prozent überproportional häufig befristet tätig, überrepräsentiert im einfachen (17,6 Prozent), mittleren (12,7 Prozent) und höheren Dienst (13,3 Prozent) und im gehobenen Dienst mit einem Anteil von 10,5 Prozent unterrepräsentiert.

Der öffentliche Dienst mit seinen Institutionen repräsentiert den Staat und formt ihn auch. Die Möglichkeit, im öffentlichen Dienst zu arbeiten, damit zum Funktionieren des Staates beizutragen und das öffentliche Leben mitzugestalten, kann das Zugehörigkeitsgefühl stärken. Es erleichtert die Einbeziehung der Perspektiven aller Bürgerinnen und Bürger in staatlichen Institutionen und staatlichem Handeln. Nach außen ist diese Teilhabe zudem ein wichtiges Signal sowohl an die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland als auch international und trägt auch zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. 

Öffentliche Institutionen haben erkannt, dass interkulturelle Kenntnisse und Fähigkeiten für die Aufgabenerfüllung angesichts der gesellschaftlichen Vielfalt und der europäischen und globalen Vernetzung von großer Bedeutung sind. Sie tragen zum Erfolg des staatlichen Handelns bei. Das heißt, der öffentliche Dienst profitiert von den unterschiedlichen Eigenschaften, Stärken und Kompetenzen seiner Beschäftigten.

Die Vielfältigkeit der Beschäftigten etwa mit ihrer Mehrsprachigkeit und ihrem diversen Erfahrungswissen macht den öffentlichen Dienst stark, weil sie Dinge aus verschiedenen Perspektiven sehen lässt und dabei hilft, unterschiedliche Ideen und Lösungsansätze aus mehreren Blickwickeln zu entwickeln. Daher hat der öffentliche Dienst ein starkes Interesse, vielfältige Talente und Potenziale zu gewinnen, weiterzuentwickeln und zu binden.

Neben den behördeninternen Ansätzen ist es wichtig, Perspektiven aus der Zivilgesellschaft für eine strategische Ausrichtung von Diversitätsförderung stärker einzubeziehen. So haben verschiedene Migrantinnen- und Migrantenorganisationen im Jahr 2016 ein Impulspapier zur Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft verfasst, das unter anderem auch die stärkere interkulturelle Öffnung des öffentlichen Dienstes fordert.

Ende August 2020 stellte die Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen zudem die ‚Anti-Rassismus Agenda 2025 – für eine rassismusfreie und chancengerechte Einwanderungsgesellschaft‘ vor, die weitere Maßnahmen auch mit Blick auf eine diversitätsbewusste Organisationsentwicklung vorschlägt.

Daneben haben Vertreterinnen von 40 solcher Organisationen 2020 die gezielte Berücksichtigung der Belange von Frauen bei der Fortentwicklung integrations- und migrationspolitischer Programme eingefordert, wobei sie auch die Repräsentanz im öffentlichen Dienst als wichtiges Themenfeld nennen.

Auch konkrete Vorschläge für einen stärkeren Zugang von Menschen mit Migrationshintergrund zum öffentlichen Dienst werden unterbreitet. Viele zivilgesellschaftliche Organisationen und Netzwerke setzen sich aktiv für die Förderung von Vielfalt und für eine inklusive Gesellschaft ein. Der Austausch und die Einbeziehung dieser Expertise wird bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Diversitätsförderung von öffentlichen Organisationen geschätzt. 

Chancengerechtigkeit und Diversitätsförderung integrativ betrachtet

Diversitätsmanagement ist ein ganzheitlicher Prozess, der drei Bereiche umfasst:

  1. die Förderung von Vielfalt  und Chancengerechtigkeit bei Personalauswahl, Personalbindung und beruflichem Aufstieg
  2. die Qualifizierung des Personals (interkulturelle Kompetenz, Vielfaltskompetenz
  3. das Hinterfragen relevanter Strukturen und Abläufe in den Organisationen

Um einerseits eine Führungs- und Organisationskultur zu entwickeln und zu pflegen, die allen Mitarbeitenden gleichermaßen eine chancengerechte Teilhabe an Karrierewegen im öffentlichen Dienst eröffnet, und um andererseits sicherzustellen, dass der öffentliche Dienst bei seiner Aufgabenerfüllung die Vielfalt der Gesellschaft adäquat berücksichtigt.

Viele Kommunen, Länder- und Bundesbehörden setzen bereits seit vielen Jahren verstärkt auf die Anerkennung und Wertschätzung von Vielfalt und fördern sie. Seit 2015 wurde beispielsweise ein Diversity-Netzwerk auf Kommunal- und Landesebene etabliert, das auf die Initiative der Landesantidiskriminierungsstelle des Landes Berlin und der Punktdienststelle Diversity in Köln zurückgeht und in Kooperation mit der Internationalen Gesellschaft für Diversity Management gegründet wurde.

Das Engagement erfolgt auch vor dem Hintergrund personalpolitischer Herausforderungen, denen sich der öffentliche Dienst als Arbeitgeber angesichts des demografischen Wandels gegenübersieht. Diversitätsbewusstsein ist eine große Chance im Wettbewerb um die besten Talente und Potenziale bei der Besetzung offener Stellen.

Nicht zuletzt hat der Bundesgesetzgeber mit dem Recht auf Beschwerde auch im öffentlichen Dienst unterstrichen, dass im Sinne von mehr Vielfalt Benachteiligungen von Beschäftigten entgegenzuwirken sei (§ 13 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, AGG beziehungsweise § 11 Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz, SoldGG).

Zielbestimmung

Übergreifendes Ziel des Themenforums war es, eine gemeinsame und behördenübergreifende Strategie für den Bund zu erarbeiten, um einen positiven Umgang mit Vielfalt nachhaltig in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes zu verankern. Dies beinhaltet sowohl die Erhöhung der Diversität im öffentlichen Dienst wie auch die Verbesserung der Diversitätskompetenz. 

Diversitätsverständnis

Der öffentliche Dienst steht nicht nur vor der Herausforderung, dass sich die gesellschaftliche Vielfalt in der Belegschaft wiederfindet, sondern der öffentliche Dienst muss bei der Aufgabenerfüllung auch die Vielfalt der Gesellschaft berücksichtigen und dazu interkulturelle Kenntnisse und Fähigkeiten seiner Beschäftigten nutzen.

Oft besteht allerdings Unklarheit oder Unsicherheit im Hinblick auf ein mögliches unterschiedliches Verständnis von interkultureller Öffnung oder Diversität, von interkultureller Kompetenz oder Diversitätskompetenz. Vereinbart wurde, dass sich im Kreis des Themenforums über die Bedeutung und das Verständnis von Diversitätskompetenz verständigt wird, das den zu entwickelnden Maßnahmen und Kernvorhaben für die Etablierung und Umsetzung von Vielfaltsmanagement im öffentlichen Dienst zu Grunde liegen sollen.

Ein erster Austausch dazu fand am 5./6. September 2019 im Rahmen des Auftaktkongresses „Erfolgsfaktor Vielfalt – Mehrwert für den öffentlichen Dienst“  statt. Dies führte zu dem oben skizzierten Wandel der Leitbegriffe hin zu Diversität/Vielfalt.

Diversitätskompetenz

Am 27. November 2019 fand im Bundeskanzleramt der Fachworkshop „Diversitätskompetenz“ unter Beteiligung von Bund, Ländern, Kommunen, Migrantinnen- und Migrantenorganisationen / Neuen Deutschen Organisationen und weiteren Expertinnen und Experten statt. Diversitätskompetenz wird von den Teilnehmenden als wichtige Basis- oder Querschnittskompetenz für die Beschäftigten, aber auch für die Organisation verstanden.

Im Zentrum stehen dabei Aspekte wie Wertschätzung und Anerkennung sowie Fähigkeiten zu Perspektivwechsel, Selbstreflexion, Empathie und Ambiguitätstoleranz (Fähigkeit, mehrdeutige Situationen und widersprüchliche Handlungsweisen auszuhalten). Dies umfasst ebenfalls die Stärkung des Verständnisses für spezifische Erfahrungshorizonte, die mit einzelnen Diversitätsmerkmalen durch Selbst- und Fremdzuschreibungen einhergehen, und auch die Stärkung des Bewusstseins für Gemeinsamkeiten.

Diversitätskompetenz ist Bestandteil guter Führungsarbeit und hierarchieübergreifend von Bedeutung.

Praxisbeispiele aus der Personalarbeit, in denen Diversitätskompetenz adressiert werden oder relevant werden kann, sind zum Beispiel Stellenprofile und Stellenausschreibungen, Auswahlverfahren und Auswahlgremien, Beurteilungen, Personalentwicklung, Führungskräfteentwicklung, Personalbindung und Führungskräfte-Assessment. In Anlehnung an die Vielfaltskompetenz im INQA-Check Vielfaltskompetente Verwaltung  wurde folgende Arbeitsdefinition für das Themenforum entwickelt, die für die Operationalisierung in der Praxis zu präzisieren sein wird.

„Diversitätskompetenz ist die Fähigkeit, wertschätzend, anerkennend und vorurteilsfrei mit gesellschaftlicher Vielfalt umzugehen und diese zu gestalten. Hierzu sind die Fähigkeiten zur Selbstreflexion und zum Perspektivwechsel sowie Ambiguitätstoleranz notwendig.“

Handlungsschwerpunkte

Während des Dialogprozesses im Themenforum „Interkulturelle Öffnung der Verwaltung“ ist es gemeinsam mit den beteiligten Akteuren gelungen, fünf Handlungsschwerpunkte für die Zukunft zu entwickeln: 

  1. Bekenntnis zu Vielfalt als Mehrwert für den öffentlichen Dienst;
  2. Diversitätsförderung in der Personalgewinnung
  3. Personalmanagement und Personalentwicklung auf Diversitätsförderung ausrichten
  4. Beschäftigtenbefragungen zu Vielfalt und Chancengerechtigkeit verstetigen
  5. Sichtbarkeit von Diversitätsmaßnahmen erhöhen

Diese Handlungsschwerpunkte des Themenforums sollen dazu dienen, die oben skizzierten Ziele zu erreichen. Den Handlungsschwerpunkten können konkrete Kernvorhaben sowie bewährte Beispiele aus der Praxis (sog. „Plattformen“) zugeordnet werden.

1. Bekenntnis zu Vielfalt als Mehrwert für den öffentlichen Dienst

Bund, Länder und Kommunen sollten sich sichtbar dazu bekennen, Diversität im öffentlichen Dienst zu fördern und Diversitätsmanagement als Daueraufgabe dort zu verankern. Dieses Bekenntnis sollte mit einem Leitbild, das für die weitere Politikgestaltung Orientierung bieten kann, verbunden sein. Die folgende Erklärung für Vielfalt im öffentlichen Dienst skizziert mögliche Elemente eines solchen Bekenntnisses und Leitbilds .

Kernvorhaben 1: Erklärung für mehr Vielfalt im öffentlichen Dienst

Der Bund bekennt sich zum Ziel, Diversität im öffentlichen Dienst zu fördern. Chancengerechtigkeit, Fairness und Vielfalt sollen den öffentlichen Dienst auszeichnen. Die Vielfalt der Gesellschaft soll sich auch im öffentlichen Dienst zeigen. Öffentliche Organisationen sind Dienstleister für alle Menschen in unserem Land.

Die Fähigkeit mit gesellschaftlicher und arbeitsplatzbezogener Vielfalt umzugehen, sie wertzuschätzen und einzubeziehen (Diversitäts- oder Vielfaltskompetenz) soll deshalb zu den Kompetenzen der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gehören. Der öffentliche Dienst profitiert etwa von der Vielfalt, der Mehrsprachigkeit, und dem Erfahrungswissen seiner unterschiedlich geprägten Beschäftigten. Die Anerkennung und Wertschätzung von Vielfalt sollen sich deshalb auch in einer vielfaltsbewussten Personalpolitik widerspiegeln.

Drei Menschen an einem Tisch im Gespräch

Diversitätskompetenz und Mehrsprachigkeit können wichtige Einstellungskriterien sein

Foto: andresriStock.com

Daher bedarf es unter anderem der Festlegung konkreter Maßnahmen auch zur Erhöhung des Anteils der Beschäftigten mit Migrationshintergrund. Dies kann neben der gezielten Ansprache potenzieller Bewerberinnen und Bewerber etwa auch die stärkere Berücksichtigung von Diversitätskompetenz und Mehrsprachigkeit in Stellenbeschreibungen und bei der Personalauswahl umfassen, soweit dies rechtlich zulässig ist. Die Chancengerechtigkeit in der Bundesverwaltung kann durch sog. Diversitäts-Checks (zum Beispiel Überprüfen von internen Verfahren auf Kulturfairness/-sensibilität) gefördert werden.

Auch die Personalentwicklung soll diversitätsbewusst erfolgen. Zu prüfen ist etwa, ob und wie Diversitätskompetenz bei Beurteilungen berücksichtigt werden kann. Insgesamt sollen die diversitätsbewussten Personalgewinnungs- und Personalentwicklungsmaßnahmen stärker verknüpft werden. Gegebenenfalls bestehende Nachteile zulasten bestimmter Personengruppen könnten durch geeignete und angemessene Maßnahmen verhindert oder ausgeglichen werden (sog. positive Maßnahmen, vgl. § 5 i.V.m. § 24 AGG beziehungsweise § 5 SoldGG).

Die diversitätsbewusste Organisationsentwicklung in den Behörden soll weiter vorangetrieben werden. Dies soll eine entsprechende Ressourcenausstattung umfassen, damit Vielfaltsförderung als kontinuierlicher Prozess verfolgt werden kann und zielgerichtete Einzelmaßnahmen (zum Beispiel durch Zuordnung entsprechender Aufgaben zu einer Organisationseinheit oder Einrichtung von Diversitätsbeauftragten oder Diversitätsbudgets) durch die Behörden umgesetzt werden können.

Die Förderung von Chancengerechtigkeit und Vielfalt ist eine wichtige Führungsaufgabe. Diese Führungsverantwortung ist entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung von Diversitätsmaßnahmen. Vielfaltskompetenz soll deshalb als ein grundlegender Aspekt in der Führungskräfteentwicklung gefördert werden. Die behördlichen Maßnahmen zur Förderung von Chancengerechtigkeit und Diversität sollen standardisiert erfasst und kontinuierlich weiterentwickelt werden. 

2. Diversitätsförderung in der Personalgewinnung

Diversitätsbewusste Personalgewinnung erfordert, die Zielgruppen, aus denen geeignetes Personal rekrutiert werden kann, auf die für sie richtige Art und Weise anzusprechen. Potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern soll signalisiert werden, dass es sich lohnt, sich zu bewerben, sich für den öffentlichen Dienst zu qualifizieren und dort zu arbeiten.

Auswahlverfahren sollen so ausgestaltet werden, dass die für die jeweiligen Ämter am besten geeigneten Bewerberinnen und Bewerber unabhängig von Herkunfts- und Identitätsmerkmalen den Auswahlprozess (Bestenauslese) erfolgreich bestehen. Dies beinhaltet kulturfaire Auswahlverfahren. Für die langfristige Bindung neu angeworbenen Personals können eine diversitätsbewusste Organisationskultur und ein entsprechendes Personalmanagement wichtige Elemente sein.

Drei Menschen an einem Tisch im Gespräch

Diversitätsbewusste Organisationskultur und ein entsprechendes Personalmanagement können wichtige Elemente sein

Foto: Drazen ZigiciStock.com

Hierbei sind Maßnahmen der Betreuung und Fürsorge mitzudenken, die einem Zusammenwachsen des diversen Personalkörpers und der Entlastung des multidimensional geforderten Personals und dessen Angehörigen dienen sowie eine Brücke in die Gesellschaft bedeuten können.

Bei der Personalgewinnung hat es in den letzten Jahren eine Vielzahl begrüßenswerter Projekte gegeben, an die angeknüpft werden kann. So werben Behörden mit dem Beitritt zur Charta der Vielfalt. Das Stellenportal www.wir-sind-bund.de versucht, durch gezielte Ansprache spezifische Personengruppen für eine Bewerbung zu aktivieren.

Die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV) als zentraler Anbieter von Fortbildungen für den öffentlichen Dienst des Bundes baut stetig ihre Unterstützungsangebote im Bereich der Stärkung interkultureller Kompetenz der Bundesbediensteten aus und bietet für Mitglieder von Personalauswahlkommissionen und Personaler/-innen bereits Maßnahmen im Bereich kultursensibler Personalauswahlverfahren an beziehungsweise entwickelt diese kontinuierlich weiter (Seminar-Angebote, Handreichungen, Leitfäden für Personaler/innen und Mitglieder von Personalauswahlkommissionen).

Das Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend (BMFSFJ) und die Bundesagentur für Arbeit (BA) haben Erfahrungen mit anonymen Bewerbungsverfahren gesammelt. Unter Berücksichtigung der im Rahmen des Pilotprojekts gemachten Erfahrungen plant das BMFSFJ bis auf Weiteres, an dem anonymisierten Bewerbungsverfahren festzuhalten. Hilfreiche Stellschrauben für die Zukunft können etwa das aktive nach außen Kommunizieren der Erklärung für mehr Vielfalt im öffentlichen Dienst sein, die Verzahnung mit anderen (noch) nicht auf Diversitätsförderung ausgerichteten Marketing- und Personalgewinnungsprozessen oder Diversitätsstrategien der einzelnen beziehungsweise einzelner Ressorts.

Abhängig von den zu besetzenden Stellen innerhalb der sehr verschiedenen Behörden ist ein reichhaltiges Instrumentarium an Maßnahmen denkbar, um einerseits die Vielfalt innerhalb des Personalkörpers zu erhöhen und andererseits auch mehr diversitätskompetente Bewerberinnen und Bewerber zu gewinnen. Sofern bestehende Nachteile zulasten bestimmter Personengruppen identifiziert werden, ist zur Verhinderung oder zum Ausgleich dieser Nachteile bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch der Einsatz sog. positiver Maßnahmen denkbar (§§ 5, 24 AGG beziehungsweise § 5 SoldGG).

Kernvorhaben 2: Gründung bundesweites Netzwerk Diversität – Praxisforum von Bundesbehörden mit Ländern und Kommunen

Im Rahmen des Dialogprozesses dieses Themenforums hat sich gezeigt, dass ein besonderer Bedarf an der Förderung von Vernetzung zwischen den Akteuren von Bund, Ländern und Kommunen besteht. Bisher fehlt es an hinreichenden Möglichkeiten, um sich ganz konkret und praxisnah zu spezifischen diversitätsfördernden Maßnahmen und Praxiserfahrungen auszutauschen.

Ziel ist daher, ein Praxisforum von in der Diversitätsorientierung engagierten Stellen des öffentlichen Dienstes zu schaffen. Im Netzwerk können erfolgreiche Projekte dargestellt werden und so Vorbildwirkung entfalten. Je nach Thema könnten für Impulse von außen Akteure aus der Wissenschaft, der Zivilgesellschaft oder der Privatwirtschaft eingeladen werden. Für die Etablierung des Praxisforums kann an die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Rahmen ihres Projekts „Diversity im BAMF – Prävention und Antidiskriminierung“ aufgebauten Strukturen und gesammelten Erfahrungen angeknüpft werden.

Plattform 1 – Praxisbeispiel: Kompetenzmanagement der Stadtverwaltung München
Die Stadt München hat ein Kompetenzmanagement eingeführt, um die heutigen und künftigen Aufgabenprofile und die erforderlichen Kompetenzen der Beschäftigten zu beschreiben und weiterzuentwickeln. Diese Kompetenzen sind zukünftig die zentrale Grundlage für die Stellenbesetzung, die Personalentwicklung und die dienstliche Beurteilung. Gleichstellungs- und Vielfaltskompetenz ist eine der zehn erforderlichen Kompetenzen, die von Beschäftigten und Führungskräften erwartet wird.

3. Personalmanagement und Personalentwicklung auf Diversitätsförderung ausrichten

Die Personalentwicklung im öffentlichen Dienst sollte die vielseitigen Stärken und Kompetenzen der Beschäftigten erkennen und diese in jeder Lebensphase gezielt fördern. Dazu ist eine gelebte Führungskultur erforderlich, die auf gegenseitigem Respekt, Offenheit, Vielfalt und Diskriminierungsfreiheit basiert sowie den Beschäftigten Maßnahmen der Betreuung und Fürsorge zur Förderung des kollegialen Zusammenhalts anbieten kann. Die Personalentwicklung muss sicherstellen, dass faire berufliche Chancen für alle Beschäftigten bestehen – unabhängig etwa vom Herkunftsland, vom Geschlecht oder anderen Personenmerkmalen.

Drei Menschen an einem Tisch im Gespräch

Gegenseitiger Respekt, Offenheit, Vielfalt und Diskriminierungsfreiheit sind zentrale Elemente der Zusammenarbeit

Foto: WavebreakmediaiStock.com

Insofern ist es von strategischer Bedeutung, Diversität im öffentlichen Dienst durch mehr Vielfalt im Personalkörper zu fördern. Dazu gehört es auch, entsprechendes Personal zu gewinnen, langfristig zu binden und geeignete Beschäftigte bis hin zu Führungsfunktionen weiterzuentwickeln. Hierfür sollten das Personalmanagement und die Personalentwicklung konzeptionell stärker mit der Personalgewinnung und Fortbildung verbunden werden. So können Synergien besser genutzt und fachliche Redundanzen vermieden werden.

Eine systematische Personalentwicklung ist entscheidend, um sich als wettbewerbsfähiger Arbeitgeber und Dienstherr mit attraktiven Karrierechancen über eine horizontale (vielseitige interessante Einsatzmöglichkeiten) und vertikale Personalentwicklung (Fort- und Weiterbildung, beruflicher Aufstieg) zu positionieren. Ein Hemmnis für eine erfolgreiche Personalentwicklung im Sinne der Diversitätsförderung können sog. Denkschubladen (“Unconscious Biases“) sein.

Menschen sind geneigt, Objekte und Personen zu kategorisieren – sie stecken andere (und auch sich selbst) in mentale Schubladen (zum Beispiel „Menschen mit Kindern“, „Menschen ohne Kinder“, „Menschen mit Behinderungen“, „Väter in Elternzeit“, „Frauen in Führung“, „Ältere Beschäftigte“, „Menschen mit Akzent“, „Menschen mit Migrationshintergrund“, „Schwarze Menschen“, „Frauen mit Kopftuch“). Dieses Schubladendenken gilt es zu reflektieren, um Diversitätsförderung erreichen zu können.

Daher sollten sowohl die Führungskräfte als auch die Beschäftigten für dieses Thema sensibilisiert werden. Führungskräften kommt eine besondere Rolle bei der Förderung von Diversität zu. Sie haben eine besondere Vorbildrolle und können die Diversitätsorientierung in der Organisation damit positiv beeinflussen.

Einigen Gruppen wird zum Beispiel aufgrund von unbewussten Vorurteilen oft mehr oder weniger Leistung im Beruf zugetraut. Deshalb sollten Beschäftigte und Führungskräfte dabei unterstützt werden, sich ihrer eigenen Denkschubladen bewusst zu werden und entsprechend zu handeln.  Ziel ist es, die Diversitätskultur im öffentlichen Dienst noch positiver zu (er-)leben. Hierfür könnten Veränderungen in folgenden Handlungsfeldern der Personalentwicklung in Betracht kommen:

  • Für die Förderung der Beschäftigten und ihre beruflichen Entwicklungschancen bilden die Führungsinstrumente Beurteilung, Kooperationsgespräch und Führungskräfte-Feedback eine wesentliche Grundlage. Daher sind Maßnahmen, die hier zu einer höheren Chancengerechtigkeit führen, besonders empfehlenswert. In Betracht kämen etwa eine individuelle Personalentwicklungs- und Fortbildungsberatung oder Maßnahmen, die die Sichtbarkeit und Vernetzung von Beschäftigten fördern (z. B. Mentoring). Dabei ist bei der konkreten Ausgestaltung der Maßnahmen darauf zu achten, dass sie keine stigmatisierende Wirkung entfalten. Daneben bietet ein gezieltes Feedback Führungskräften die Chance zu erfahren, ob in ihrem Verantwortungsbereich Wertschätzung und Chancengerechtigkeit bereits ausreichend gelebt werden. 
  • Beurteilungen und Kooperationsgespräche können gezielt für die individuelle Personalentwicklung eingesetzt werden. Hier ist auch auf eine diversitätsbewusste Ausgestaltung zu achten.
  • Um klare Signale in die Behörde zu senden, dass Diversitätsbewusstsein von Bedeutung ist, sollte geprüft werden, ob und wie Diversitätskompetenz in den Beurteilungsvorgaben ausdrücklich Niederschlag finden kann. Gleiches gilt für das Führungskräfte-Feedback (spezifische Befragungsitems). Als Teil der Beurteilung könnte beispielsweise bei der ergänzenden Einschätzung (Herausstellung besonderer Fähigkeiten, speziellen Engagements etc.) auf diversitätsrelevante Faktoren Bezug genommen werden. 
  • Das Thema Denkschubladen (unconscious bias) sollte in Schulungskonzepte für Mitglieder von Auswahlkommissionen ebenso wie in Schulungen für Beurteilerinnen und Beurteiler aufgenommen werden und dort auf sachgerechte Art vermittelt werden (zum Beispiel Rollenspiele, Reflexionen, Videoübungen).
  • Weitere Personalentwicklungsinstrumente können ebenfalls zielgerichtet die individuelle Entwicklung vorantreiben. Zu erwähnen wären insbesondere das Coaching, Mentoring, Cross-Mentoring und das arbeitsplatznahe Lernen. Für einen unverstellten Blick auf das eigene Arbeitsgebiet eignen sich auch Perspektivwechsel, also eine vorübergehende Tätigkeit in einer anderen Organisation (unter anderem im Rahmen der Führungskräfteentwicklung oder einer Auslandsstation).

Die Aspekte der Vielfalt und Chancengerechtigkeit wirken in alle Themenbereiche des Personalmanagements und der Personalentwicklung hinein und schaffen damit ein gemeinsames integratives Werte- und Führungsverständnis.

Plattform 2 – Praxisbeispiel: Institut für Transkulturelle Kompetenz der Polizeiakademie Hamburg
Das Institut für Transkulturelle Kompetenz (ITK) ist integraler Bestandteil der Aus- und Fortbildung der Nachwuchskräfte und des Polizeivollzuges der Hamburger Polizei. Im Rahmen vielfältiger Formate erfahren Polizeibeamte den Umgang mit anderen Kulturen sowie Religionen. So leistet das ITK einen wesentlichen Beitrag in der Qualifizierung und Professionalisierung der Polizeikräfte einer modernen Großstadtpolizei und unterstützt die Polizei Hamburg hin auf dem Weg zu einem nachhaltigen Vielfaltsmanagement. Das Institut ist in dieser Form einzigartig innerhalb der Deutschen Polizeibehörden und unterstützt den Aufbau eines Migranten-Netzwerkes sowie die Zusammenarbeit mit anderen Integrations- und Migrationsbeauftragten sowie mit den entsprechenden Organisationen.

Kernvorhaben 3: Online-Toolsammlung – Diversitätsförderung in der Praxis

Die Bemühungen um mehr Vielfalt im Bundesdienst sind bislang vor allem durch erfolgreiche behördenspezifische Ansätze geprägt. Gute Praxisansätze sollen für interessierte Behörden in Zukunft stärker bekannt und nutzbar gemacht werden. In Ergänzung des Kernvorhabens eines Praxisforums sollen für den Bundesdienst konkrete Diversitätsmaßnahmen, zum Beispiel bestehende Arbeitshilfen zur diversitätssensiblen Personalauswahl, bewährte Personalentwicklungs-instrumente und Fortbildungsangebote sowie Angebote und Informationen zur Diversitätsförderung gebündelt und allen Bundesbehörden online zugänglich gemacht werden.

Drei Menschen an einem Tisch im Gespräch

Ein digitaler Werkzeugkoffer soll interessierten Behörden stärker bekannt und nutzbar gemacht werden

Foto: fizkesiStock.com

Zusätzlich können bestehende öffentlich zugängliche Instrumente verlinkt und eingebunden werden. Ziel ist es, möglichst viele Ideen und „Werkzeuge“ für eine diversitätsbewusste Personalgewinnung, -auswahl oder Personalentwicklung mittels Onlinezugang zur Verfügung zu stellen. Die Umsetzung soll 2021 durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration in Zusammenarbeit mit dem Ressortarbeitskreis „Diversität in der Bundesverwaltung“ erfolgen. Um einen „Werkzeugkoffer“ abzubilden, sollen in einer Abfrage im Bundesdienst diejenigen Einzelmaßnahmen erfasst werden, die sich bewährt haben und behördenübergreifend funktionieren könnten.

Plattform 3 – Praxisbeispiel: Aufnahme der interkulturellen Kompetenz in die Hessische Laufbahnverordnung“
In § 2 Abs. 2 bis 4 der Hessischen Laufbahnverordnung (HLVO) werden die Begriffe Eignung, Befähigung und fachliche Leistung festgelegt. Sie sind Grundlage der laufbahnrechtlichen Entscheidungen und konkretisieren die in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz festgelegten Grundsätze. Seit der Dienstrechtsreform 2014 ist mit der Neufassung des § 2 Abs. 3 HLVO klargestellt, dass auch die interkulturelle Kompetenz als Bestandteil der beamtenrechtlichen Befähigung Teil der Hessischen Laufbahnverordnung ist.

4. Beschäftigtenbefragung zu Vielfalt und Chancengerechtigkeit verstetigen

2019 hat die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung das Projekt „Kulturelle Diversität und Chancengleichheit in der Bundesverwaltung“ initiiert und durchgeführt. Kern des Projekts war eine zentrale Beschäftigtenbefragung in 55 Bundesbehörden, deren Ergebnisse als „Diversität & Chancengleichheit Survey“ am 7. Dezember 2020 veröffentlicht wurden.

Mit dem „Diversität & Chancengleichheit Survey“ liegen erstmals belastbare und repräsentative Daten zur Diversität der Beschäftigten sowie den individuellen und organisatorischen Konsequenzen einer vielfältigen Belegschaft in der Bundesverwaltung vor. Für die angestrebte diversitätsbewusste Organisationsentwicklung der Bundesverwaltung bietet die Befragung erstmals eine fundierte Darstellung des Ist-Zustandes.

Es ermöglicht die Untersuchung der bisher erreichten kulturellen Diversität in verschiedenen Bereichen der Bundesverwaltung und einen Vergleich zwischen den Behördengruppen, bezieht aber genauso die Sicht der Befragten auf den Umgang ihrer Behörden mit kultureller Diversität und bereits ergriffenen Maßnahmen des Diversitätsmanagements ein. Somit haben die erhobenen Daten auch das Potenzial bisherige Schwachstellen aufzudecken und den Behörden konkrete Handlungsfelder aufzuzeigen.

Auf Basis des „Diversität und Chancengleichheit Survey“ sind erstmals Aussagen zum Diversitätsklima in der Bundesverwaltung in Deutschland möglich und es können die gemeinsamen Wahrnehmungen der Beschäftigten zum Umgang mit Diversität (sogenanntes aggregiertes Diversitätsklima) in der Bundesverwaltung beschrieben werden. 

Kernvorhaben 4: Vereinbarung der periodischen Durchführung des „Diversität und Chancengleichheit Surveys“ und Erhebung des Diversitätsklimas im Bundesdienst

Zentrale Beschäftigtenbefragungen, wie sie in vielen anderen Staaten der OECD bereits seit vielen Jahren regelmäßig durchgeführt werden, bieten den Behörden detailliertere Informationen für ihre Organisationsentwicklung. Angesichts des Ziels der Vielfaltsförderung und des Diversitätsmanagements besteht damit ein mögliches Monitoringinstrument, welches in der Lage ist, auch Veränderungsprozesse nachzuzeichnen.

Organisationsentwicklung ist ein kontinuierlicher Lernprozess. Das Potenzial von Beschäftigtenbefragungen besteht einerseits im internen Vergleich mit anderen Behörden oder anderen Bereichen des Arbeitsmarktes und andererseits in der Beobachtung der Organisationsentwicklung über einen längeren Zeitraum.

Eine Beschäftigtenbefragung erreicht somit ihre Ziele gerade auch durch die wiederholte Anwendung und die Analyse der zeitlichen Veränderung. Mit dem etablierten und zwischenzeitlich bewährten Verfahren des „Diversität und Chancengleichheit Surveys“ besteht eine Grundlage für die Etablierung eines regelmäßigen Instruments.

Für den Bundesdienst wird eine verbindliche Regelung für eine periodische Durchführung des „Diversität und Chancengleichheit Surveys“ als zentrale Beschäftigtenbefragung angestrebt. Dabei wird empfohlen, die Befragung je Behörde alle 4 Jahre zu festgelegten Zeitpunkten durchzuführen.

5. Sichtbarkeit von Diversität und Diversitätsförderung erhöhen

Ein aktives Diversitätsmanagement trägt dazu bei, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber zu erhöhen. Obwohl viele Organisationen auf die Anerkennung und Wertschätzung von Vielfalt setzen, sind Maßnahmen der Diversitätsförderung noch wenig sichtbar. Damit verbunden ist das Potenzial, die Maßnahmen der Diversitätsförderung zu stärken und die Personalgewinnung zu unterstützen.

Vielfalt und Chancengerechtigkeit können noch mehr als Stärken des öffentlichen Dienstes beworben werden. Dazu ist es hilfreich, wenn bestehende Diversitätsmaßnahmen regelmäßig und standardisiert erfasst werden. Wünschenswert wäre der Aufbau eines Berichtswesens zu Diversitätsmaßnahmen, das von den teilnehmenden Behörden als internes Monitoring- und Steuerungsinstrument genutzt werden kann und zugleich Informationen in aggregierter, zusammengefasster Form für den Bundesdienst als Ganzes zur Verfügung stellt.

Kernvorhaben 5: Standardisierte Erfassung von Diversitätsmaßnahmen mittels Onlineabfrage (Organisationsbefragung Bund)

Ab 2021 sollen die Bundesbehörden mittels standardisiertem Online-Fragebogen in einem regelmäßigen Turnus (voraussichtlich alle zwei Jahre) zur Umsetzung und Ausrichtung ihrer Diversitätsmaßnahmen befragt werden. Das Projekt zielt darauf, behördliche Maßnahmen des Bundes bekannt zu machen.

Die Ergebnisse sollen für die Behörden untereinander für den Praxisaustausch nutzbar gemacht werden. Erfasst werden sollen Maßnahmen, die die Vielfalt und Verschiedenheit der Mitarbeitenden anerkennen und fördern. Im Fokus solcher Maßnahmen steht die Gesamtheit der Mitarbeitenden mit ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Dies kann zum Beispiel die Förderung von Mitarbeiternetzwerken, die strategische Verankerung von Diversitätsmanagement, Mentoring-Programme zur Förderung interner Karrieren, Diversitätsschulungen oder Workshops zur Vermittlung von Fähigkeiten zur Führung gemischter Teams oder die Berücksichtigung von Diversität bei der Entwicklung von Dienstleistungen und auch die Implementierung einer/eines Diversitätsbeauftragten etc. beinhalten.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration wird voraussichtlich in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung auf Basis der Organisationsbefragung im Rahmen des Projektes „Kulturelle Vielfalt und Chancengleichheit in der Bundesverwaltung“ gemeinsam mit den teilnehmenden Ressorts einen Onlinefragebogen, den Umfang der Beteiligung und das Verfahren zur Befragung und Veröffentlichung abstimmen.

Ausblick

Mit der Erarbeitung einer gemeinsamen Diversitätsstrategie wird die Förderung von Diversität und Diversitätskompetenz in Zukunft auch behördenübergreifend verankert und eine vielfaltsbewusste Personalpolitik des Bundes bekräftigt. Die Erreichung der gesetzten Ziele liegt in der Verantwortung der einzelnen Organisationen. Fünf konkrete Kernvorhaben, die darauf ausgerichtet sind, Diversitätsmanagement als Querschnittsaufgabe stärker zu fördern, begleiten diesen Prozess.

Als besonders wichtig erachtet wird, die begonnenen Dialog- und Austauschformate zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren zu festigen, mehr Perspektivwechsel zu ermöglichen und die Expertise der Zivilgesellschaft, insbesondere von Migrantinnen- und Migrantenorganisationen und Neuen Deutschen Organisationen, einzubeziehen.

Inhaltlich soll neben der Ausrichtung des Personalmanagements auch stärker die Förderung einer diversitätsbewussten Organisationsentwicklung diskutiert werden.

Drei Menschen an einem Tisch im Gespräch

Erste Erkenntnisse hierzu liefert der „Diversität & Chancengleichheit Survey“, auf deren Grundlage konkrete Maßnahmen entwickelt werden können.

Foto: Vichie81iStock.com

Die Bekämpfung von Diskriminierung und Rassismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und eine zentrale Herausforderung der Gegenwart. Mehr Diversität und Diversitätskompetenz in der Verwaltung können hier einen wesentlichen Beitrag zu einer positiven Entwicklung leisten.

Für die Koordinierung der Kernvorhaben und die Weiterentwicklung der mit dem Themenforum erarbeiteten Diversitätsstrategie wird auf Bundesebene der bestehende Ressortarbeitskreis weitergeführt. Dieser wird zukünftig den Titel „Diversität & Chancengerechtigkeit“ tragen.

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