Eltern ermutigen, stark zu bleiben: Muttersprachliche Elternkurse für Familien mit Fluchtgeschichte

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Mitarbeiter berät eine Mutter mit ihrem Kind

IRC unterstützt geflüchtete Eltern weltweit, hier ein Mitarbeiter in Jordanien

Foto: Andrew Oberstadt/IRC

Berlin. „Als ich in Deutschland ankam, habe ich mich von meinem Ehemann scheiden lassen,“ erinnert sich Marziye. „Er misshandelte mich.“ Die gebürtige Afghanin und Mutter einer Fünfjährigen war damals 23 Jahre alt. „Ich konnte die Sprache nicht und fühlte mich überfordert. Meine Tochter hatte schreckliche Erfahrungen auf unserer Reise nach Deutschland gemacht und war deshalb aggressiv. Ich wusste nicht, wie ich mich um sie kümmern sollte.“

Neustart

Marziye holte sich Unterstützung bei einer Familienberatungsstelle und wagte den Neustart in ein selbstbestimmtes Leben. Heute arbeitet sie als Kursleiterin für muttersprachliche Elternkurse im Rahmen des Families Make the Difference -Projekts, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration finanziell gefördert wird. „Ich möchte mein Wissen über Methoden der fürsorglichen Erziehung weitergeben und andere Eltern ermutigen, stark zu bleiben.“ 

Alle Eltern wünschen sich sorglose Kinder

Alle Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder sorglos, sicher und mit viel Liebe aufwachsen können. Eltern, die aufgrund von Krieg, Gewalt, politischer Krisen oder Naturkatastrophen aus ihrer Heimat fliehen mussten, sind nach ihrer Ankunft in Deutschland jedoch häufig großen Belastungen und Unsicherheiten ausgesetzt. Für sie ist es deshalb schwerer, ihre Rolle als fürsorgliche und aufmerksame Eltern ausfüllen zu können. Unsichere Aufenthaltsbedingungen, häufige Ortswechsel, wirtschaftliche Not, mangelnde Privatsphäre in Gemeinschaftsunterkünften, der Verlust ihrer Heimat und der Wegfall ihres familiären und sozialen Netzwerkes können zu Hilflosigkeit und Überforderung führen.

Es sind oft traumatische Erlebnisse, die Geflüchtete mitbringen. IRC-Kursleiterin Bassima erklärt, wie sich diese Erfahrungen vor allem auf Kinder auswirken: „Sie haben Alpträume, sind nervös oder vermissen zurückgelassene Angehörige. Kinder müssen Gelegenheit haben, über ihre Gefühle sprechen und Fragen stellen zu können, wie: Warum ist unsere Heimat zerstört worden?“

„Families Make the Difference“ - das Kurskonzept

Deshalb ist es wichtig, geflüchteten Eltern Wege aufzuzeigen, wie sie mit Stress umgehen und sich für die Herausforderungen des Alltags stärken können. Die IRC Families Make the Difference Link Elternkurse setzen genau an diesem Punkt an: Die Kurse geben den Eltern die Möglichkeit, ihre Erfahrungen untereinander auszutauschen und herauszufinden, wo Familien in Deutschland Unterstützung erhalten können. Veränderte Strukturen und Rollenverhältnisse innerhalb der Familie sowie Fragen zur Kindererziehung können im Rahmen der Elternkurse diskutiert werden. Die Kurse werden in den Sprachen Arabisch, Dari, Kurdisch (Kurmanci), Russisch und Englisch angeboten. Parallel zu den Kursen bietet IRC bei Bedarf eine Kinderbetreuung an.

Muttersprachliche Elternkurse

Gruppe von Frauen mit Kleinkind

Teilnehmerinnen eines „Families make the difference“ Kurs von IRC in Deutschland

Foto: IRC

Das Ziel der Kurse: Eltern unterstützen, damit diese ihre Kinder besser fördern können. Die Kurse basieren auf einem Konzept, das IRC bereits in über 16 Ländern weltweit anwendet und das inhaltlich an den deutschen Kontext angepasst wurde. Gemeinsam mit den IRC-Kursleiter*innen erarbeiten die Eltern Strategien zum Umgang mit Stress, sprechen über die frühkindliche Entwicklung, sammeln Ideen für positive Eltern-Kind-Interaktionen und erlernen Methoden zur gewaltfreien Erziehung. 

Genau das, so Kursleiter Jamil, unterscheide das IRC-Programm von anderen Elternkurs-Konzepten: Die Gemeinsamkeiten in der Sprache, dem kulturellen Hintergrund und der Erfahrung von Flucht und Migration. „Dadurch können wir ihr Vertrauen gewinnen und sensible Themen wie die Gleichstellung der Geschlechter in der Kindererziehung, das Gespräch mit den Kindern über ihre Fluchterfahrungen und die gewaltfreie Erziehung ansprechen.“

Programmarbeit im Wirkungsbereich „Schutz und Teilhabe“
Menschen, die als Geflüchtete nach Deutschland kommen, bringen eine Vielzahl an Fähigkeiten, individuellen Stärken und Hoffnungen mit. In ihren Herkunftsländern und auf der Flucht waren sie jedoch oft außergewöhnlichen Belastungen und Gefahren ausgesetzt. Frauen und Kinder, aber auch LGBTIQ-Geflüchtete und Menschen mit Behinderungen haben einen besonders hohen Schutzbedarf. Sie sind auch in Deutschland einem erhöhten Risiko von Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt und benötigen Schutz vor Übergriffen, Informationen über ihre Rechte und gezielte Unterstützung.  
Ziel des Programmbereichs „Schutz und Teilhabe“ von IRC Deutschland ist es, dazu beizutragen, dass Geflüchtete in Deutschland in Sicherheit leben und Erfahrungen von Gewalt, Diskriminierung und Unterdrückung mental verarbeiten können, um wieder selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.

Mädchen Mischen Mit
Jugendliche Mädchen haben Mut, Energie und gute Ideen. Sie wollen ihre Kreativität ausleben und sich ohne Angst bewegen können. Durch Sexismus und starre Geschlechterrollen werden sie jedoch häufig daran gehindert, selbstbestimmt ihre Ziele zu verfolgen. In der Gruppenarbeit unterstützen unsere Mentor*innen Mädchen mit und ohne Fluchthintergrund dabei, ihren eigenen Fähigkeiten zu vertrauen, Vorurteile abzubauen und neue Freundschaften zu schließen. 

Gesprächsgruppen für Männer
Auch viele junge Männer mit Fluchthintergrund haben in Deutschland Herausforderungen zu bewältigen. Das Gefühl des Fremdseins, andere Gesellschaftsstrukturen und mögliche Diskriminierungserfahrungen können emotional belastend sein. Im Rahmen der „SlaLoM“ Männertreffen können junge geflüchtete Männer über ihre Erfahrungen, Herausforderungen und Wünsche sprechen und gemeinsam einen positiven Blick für die Zukunft zu entwickeln. 

International Rescue Committee (IRC) in Deutschland
Seit 2016 arbeitet IRC in Deutschland in den Bereichen Schutz und Teilhabe, Bildung sowie wirtschaftliche Integration. Die Programme werden bundesweit durchgeführt und gemeinsam mit zahlreichen Partnerorganisationen und Institutionen aus Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft umgesetzt. Menschen, die als Geflüchtete nach Deutschland kommen, bringen eine Vielzahl an Fähigkeiten, individuellen Stärken und Hoffnungen mit. Sie zu fördern, ist Ziel von IRC Deutschland. Die Programmarbeit findet in allen 16 Bundesländern statt und wird von den IRC Deutschland Büros in Berlin und Bonn gesteuert.