Kinder, die nach dem Abstammungsprinzip deutsche Staatsangehörige sind, haben mit ihrer Geburt auch die ausländische Staatsangehörigkeit des anderen Elternteils bekommen. Nach deutschem Recht können sie auf Dauer mehrere Staatsangehörigkeiten behalten.
Außerdem können Kinder ausländischer Eltern nach dem Geburtsortprinzip deutsche Staatsangehörige werden. Sie müssen sich ebenfalls nicht zwischen der deutschen Staatsangehörigkeit und der ihrer Eltern entscheiden. Die einzige Bedingung: Sie müssen in Deutschland aufgewachsen sein. Wenn sie nicht in Deutschland aufgewachsen sind, müssen sie sich für eine Staatsangehörigkeit entscheiden.
Dann gilt eine Sonderregelung: Sie dürfen Ihre bisherige Staatsangehörigkeit behalten. Allerdings kann es sein, dass Sie nach dem Recht des jeweiligen EU-Mitgliedstaats Ihre bisherige Staatsangehörigkeit verlieren. Bei Zweifeln sollten Sie sich vor Ihrer Einbürgerung an die Botschaft oder ein Konsulat Ihres Herkunftslandes wenden.
Ihre alte Staatsangehörigkeit dürfen Sie bei der Einbürgerung behalten, wenn:
- Sie als Asylberechtigte/-r oder anerkannter Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention im Besitz eines Reiseausweises für Flüchtlinge nach Artikel 28 der Genfer Flüchtlingskonvention sind
- Ihnen in Ihrem Herkunftsland Verfolgung droht
Ob Letzteres der Fall ist, überprüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Manchmal lässt das Recht des Herkunftslandes keine Möglichkeit zu, die bisherige Nationalität abzulegen. Zudem gibt es Staaten, die ihren Bürgerinnen und Bürgern regelmäßig die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit verweigern. In diesen Fällen können sie ihre bisherige Staatsangehörigkeit beibehalten.
Menschen aus folgenden Staaten können nach aktueller Rechtslage ihre Staatsangehörigkeit nicht aufgeben: Afghanistan, Algerien, Angola, Argentinien, Brasilien, Bolivien, Costa Rica, Dominikanische Republik, Ecuador, Eritrea, Guatemala, Honduras, Iran, Kuba, Libanon, Malediven, Marokko, Mexiko, Nicaragua, Nigeria, Panama, Syrien, Thailand, Tunesien und Uruguay. Stammen Sie aus einem dieser Staaten, kann Ihre alte Staatsangehörigkeit bei der Einbürgerung bestehen bleiben.
Manchmal gelingt es nicht, die bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben, obwohl Sie sich bemüht haben.
Das kann diese Gründe haben:
- Ihr Antrag wurde nicht entgegengenommen
- Ihr Herkunftsstaat verweigert Ihnen die notwendigen Formulare
- über Ihren vollständigen und formgerechten Antrag wurde auch nach mehr als zwei Jahren noch nicht entschieden
In manchen Fällen stellen Staaten unzumutbare Bedingungen für eine Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit. Die deutschen Behörden akzeptieren dann Mehrstaatigkeit. Eine solche unzumutbare Bedingung ist zum Beispiel eine überhöhte Gebühr (mehr als Ihr Monatsverdienst oder mindestens 1.278,23 Euro). Häufig sieht die Einbürgerungsbehörde bestimmte Bedingungen Ihres Herkunftsstaates eher als unzumutbar an, wenn Sie schon das 60. Lebensjahr vollendet haben.
Auch gesundheitliche Schwierigkeiten können Ihnen die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit unzumutbar machen – zum Beispiel wenn Sie die von Ihrem Herkunftsstaat geforderten weiten Reisen nicht mehr schaffen.
Aber nicht jede Bedingung, die der andere Staat stellt, ist unzumutbar. Ihr Herkunftsland kann Ihnen etwa die Entlassung verweigern, wenn es berechtigte Ansprüche an Sie hat.
Ein Beispiel: Der Staat hat Ihnen ein Stipendium gewährt, das Sie noch nicht vollständig zurückgezahlt haben. Allgemein gilt: Sie müssen Ihre Verpflichtungen gegenüber dem anderen Staat erfüllt haben. Das betrifft im Grundsatz auch die Wehrpflicht. Doch hier gibt es Ausnahmen.
In folgenden Fällen kann der Militärdienst für Sie unzumutbar sein:
- Sie müssten sich für den Wehrdienst mindestens zwei Jahre ins Ausland begeben, leben aber in Deutschland mit Ihrer Ehepartnerin/Ihrem Ehepartner und einem minderjährigen Kind als Familie zusammen.
- Sie lehnen den Wehrdienst aus Gewissensgründen ab. Der andere Staat kann Ihnen aber keinen Ersatzdienst anbieten.
- Sie sind schon über 40 Jahre alt und haben seit 15 Jahren nicht mehr in dem anderen Staat gelebt. In Deutschland haben Sie mindestens 10 dieser 15 Jahre verbracht.
- Sie könnten während Ihres Wehrdiensts in eine bewaffnete Auseinandersetzung mit Deutschland oder einem mit Deutschland verbündeten Staat verwickelt werden.
Einer dieser Fälle trifft auf Sie zu? Häufig können Sie den unzumutbaren Militärdienst dann abwenden, indem Sie eine Geldsumme zahlen. Das bezeichnet man als „Freikauf“. Auch hier gibt es eine Grenze des Zumutbaren: 5.112,92 Euro – diese Gebühr ist immer zumutbar. Verlangt der andere Staat einen Betrag, der das Dreifache Ihres durchschnittlichen Brutto-Monatseinkommens übersteigt, gilt Ihr Freikauf als unzumutbar. Ihre andere Staatsangehörigkeit kann bei Ihrer Einbürgerung also bestehen bleiben.
In den folgenden zwei Szenarien ist weder der Wehrdienst noch der Freikauf zumutbar. Für gewöhnlich würde Deutschland bei der Einbürgerung Ihre Mehrstaatigkeit akzeptieren:
- Sie sind in Deutschland aufgewachsen und hier zur Schule gegangen.
- Sie leben schon in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland.
Wenn Sie Ihre bisherige Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder mit einem bestimmten Alter aufgeben können, ist eine Einbürgerung mit vorübergehender Mehrstaatigkeit möglich. In diesem Fall müssen Sie Ihre bisherige Staatsangehörigkeit direkt nach Einbürgerung oder wenn Sie das entsprechende Alter erreicht haben, aufgeben.
Wenn Sie israelische Staatsangehörige bzw. israelischer Staatsangehöriger sind und die Voraussetzungen der Ermessenseinbürgerung erfüllen, dann dürfen Sie Ihre israelische Staatsangehörigkeit beibehalten. Das bedeutet, Sie haben nach der Einbürgerung die deutsche und die israelische Staatsbürgerschaft.
Die Bundesregierung hat entschieden, dass bei israelischen Staatsangehörigen, die auf dem Wege der Ermessenseinbürgerung eingebürgert werden, regelmäßig ein herausragendes öffentliches Interesse aufgrund der historischen Verantwortung Deutschlands besteht. Die Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit soll israelischen Staatsangehörigen dauerhaft die Option einer Rückkehr nach Israel ermöglichen.
Einige junge Menschen, die als Kinder ausländischer Eltern in Deutschland geboren wurden und neben der deutschen die Staatsangehörigkeit die eines ausländischen Staates (außer der eines EU-Staates oder der Schweiz) besitzen, bekommen zwischen ihrem 21. und 22. Geburtstag ein Hinweisschreiben. Darin steht, dass sie sich innerhalb einer Frist von zwei Jahren für die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit entscheiden müssen. Das nennt man Optionspflicht.
Sie haben diese Möglichkeiten:
- Sie können sich für Ihre deutsche Staatsangehörigkeit entscheiden. Ihre Entscheidung müssen Sie der Behörde auf jeden Fall schriftlich mitteilen. Dabei müssen Sie auch nachweisen, dass Sie die andere Staatsangehörigkeit bereits vor Ablauf einer Frist von zwei Jahren aufgegeben oder verloren haben.
- Sie können sich entscheiden, die ausländische Staatsangehörigkeit zu behalten. Zugleich verlieren Sie dann aber die deutsche Staatsangehörigkeit – und mit ihr viele Vorteile wie die freie Wahl des Berufes oder das Wahlrecht.
- Wenn die Entlassung aus Ihrer ausländischen Staatsangehörigkeit unmöglich oder unzumutbar ist, müssen Sie innerhalb eines Jahres nach Erhalt des Hinweisschreibens eine Genehmigung zur Beibehaltung beantragen, um zu vermeiden, dass Sie Ihre deutsche Staatsangehörigkeit verlieren. Wenn Sie nicht wissen, ob Sie Ihre ausländische Staatsangehörigkeit aufgeben können, sollten Sie in jedem Fall eine Beibehaltungsgenehmigung beantragen. Wenn Ihnen eine → Beibehaltungsgenehmigung erteilt wird, können Sie die deutsche und die andere Staatsangehörigkeit auf Dauer behalten.
- Wenn Sie zwei Jahre nach Erhalt des Hinweisschreibens keine Erklärung abgegeben und Ihre ausländische Staatsangehörigkeit nicht aufgegeben oder verloren haben, verlieren Sie automatisch Ihre deutsche Staatsangehörigkeit. Es sei denn, Sie können die ausländische Staatsangehörigkeit aus rechtlichen Gründen nicht aufgeben oder die Entlassung wird Ihnen verweigert. Dann erteilt Ihnen die zuständige Behörde eine Beibehaltungsgenehmigung.
Wenn Sie bis zu Ihrem 22. Geburtstag gar kein Hinweisschreiben erhalten haben, müssen Sie nicht zwischen Ihren Staatsangehörigkeiten entscheiden. In diesem Fall entsteht für Sie keine Optionspflicht. Wenn Sie sich aber längere Zeit im Ausland aufgehalten haben oder wenn die Behörde Ihre aktuelle Adresse nicht kennt, kann sie den Hinweis auf die Optionspflicht durch eine „öffentliche Zustellung“ bekannt geben. Die Optionspflicht entsteht dann, ohne dass Sie es wissen.
Manche bekommen das Schreiben zur Optionspflicht, obwohl sie sich gar nicht entscheiden müssen. Sie müssen sich nicht entscheiden, wenn Sie:
- acht Jahre gewöhnlich Ihren Aufenthalt in Deutschland gehabt haben
- oder sechs Jahre hier eine Schule besucht haben
- oder eine Schule bzw. Berufsausbildung in Deutschland abgeschlossen haben
In sehr seltenen Fällen kann die Behörde aber von sich aus nicht zweifelsfrei feststellen, ob Sie in Deutschland aufgewachsen sind. Daher sendet sie Ihnen das Hinweisschreiben und wird um einen Nachweis bitten. Dieser Nachweis kann beispielsweise eine Meldebescheinigung, eine Schulbescheinigung sowie ein Schul- oder Berufsabschlusszeugnis sein. Auf Ihren Antrag hin kann die zuständige Behörde auch vor Ihrem 21. Geburtstag feststellen, ob die Optionspflicht noch eintreten kann.
Sie erfüllen keines der genannten Kriterien vollständig? Jedoch können Sie einen vergleichbar engen Bezug zu Deutschland aufweisen und für Sie würde die Optionspflicht nach den Umständen des Falls eine besondere Härte bedeuten? Dann greift die Härtefallklausel. Sie gelten dann ebenfalls als Person, die in Deutschland aufgewachsen ist. Genauere Informationen zur Härtefallklausel erhalten Sie bei der zuständigen örtlichen Staatsangehörigkeitsbehörde.